Dezember 3, 2024

Ein kurzer Abriß der griechischen Geschichte

Die Griechische Geschichte ist in ihrer Komplexität nicht leicht auf einen Blick zu überschauen, da sich im antiken Hellas Stadt neben Stadt in einer eigenständigen politischen Einheit, eben in der Polis, entwickelte. Die Geschichte Athens ist eine ganz andere als die Spartas oder Thebens. Natürlich greifen teilweise die geschichtlichen Ereignisse der einen Polis in die der anderen über, da sie entweder vertraglich aneinander gebunden waren oder in kriegerische Verwicklungen miteinander gerieten.

Wo liegt der Ursprung dieser großen Kultur, der ersten auf europäischem Boden ? Sie beginnt mit der Einwanderung der Achäer, etwa um die Zeit um 2.000 v. Chr. Funde in Attika und auf der Pelopones haben uns gezeigt, daß diese Achäer mit großer Brutalität die Ureinwohner der griechischen Halbinsel verdrängten und auf den Trümmern dieses primitiven Volkes ihre erste Kultur aufbauten. Kam diese Kultur aus Asien, oder wurde sie von dort beeinflußt ? Ist der Mythos von Europa, die von Kleinasien auf dem Stier, der Zeus war, nach Europa kam, so zu deuten ?

Oder kamen die Einflüsse aus dem noch immer kaum bekannten Reich des Minos auf Kreta ? Zwar wurde die Hauptstadt Knossos ausgegraben, aber wer waren die Menschen auf Kreta, die hinter diesen großartigen Bauten standen ? Waren auch sie Achäer, die schon mit einer früheren Einwanderungswelle hierher gelangt waren ? Welche Beziehungen bestanden zwischen Knossos, Ägypten und den Reichen in Kleinasien ? Fragen über Fragen zu diesem geheimnisvollen, in hoher kultureller Blüte stehenden Volk der frühesten europäischen Geschichte, die bis heute noch nicht schlüssig beantwortet sind.

Nach großen Kriegen (Kampf um Troja) verging die Kultur der Achäer langsam. Andere, stärkere Völker drückten an der nördlichen Grenze allmählich die Achäer zurück, denen nichts anderes übrig blieb, als aus Griechenland nach Kleinasien auszuweichen oder sich in Griechenland in kleinen Bastionen festzusetzen. Die Einwanderung der Dorer hatte begonnen. Dieses neue Volk stieß von Norden her weit in das Herz Griechenlands vor (ca. 1.200 v. Chr.) Nur die Halbinsel Attika mit der Stadt Athen verschonten sie bei ihren Kriegszügen.

Bald vermischten sich Achäer und Dorer miteinander und hätten so ein starkes Volk bilden können, wäre ihnen dabei nicht die geographische Struktur Griechenlands mit vielen hohen Gebirgszügen und abgeschlossenen Tälern im Wege gestanden. Es bildeten sich so einzelne völlig unabhängige Gemeinwesen (Polis) in den vielen Tälern der griechischen Gebirge. Jede Polis nahm eine andere eigenständige Entwicklung.

Sparta wurde zur typischen Stadt der Krieger, in der die Jugend schon vom Kindesalter an, egal ob Junge oder Mädchen, auf das harte Kriegshandwerk vorbereitet wurden. Die Grausamkeit der Spartaner war erschreckend. Beherrscht wurde die Stadt von zwei Königen, die gleichzeitig auch die abwechselnd kommandierenden Heerführer waren.

In Athen dagegen regierten zu dieser frühen Zeit der Geschichte noch Könige, die aber dann in der Zeit zwischen 1.200 und 1.000 v. Chr. verschwanden. Die Athener, alte Reste der achäischen Bevölkerung, bildeten eine neue Regierungsform, angeführt vom Ältestenrat und dem Areopag; eine kleine, privilegierte Schicht übte die Macht aus, eine Frühform der Oligarchie.

Aber auch hier kam der große Wandel. Mit der Gesetzgebung durch den weisen Solon (594 v. Chr.) änderte sich das Bild. Jetzt wurden alle Schichten der männlichen Bevölkerung mit Ausnahme von Sklaven in der ersten Demokratie der Welt an der Regierung und Verwaltung beteiligt. Leider sollte dieser Zustand aber nicht lange währen. Peisistratos bemächtigte sich der Gewalt, riß alles an sich und wurde der erste Tyrann von Athen (ca. 560 v. Chr.). Aber er war ein milder und guter Herrscher, der sich im Volk großer Beliebtheit erfreute. Als er starb und seine Söhne die Herrschaft übernahmen, zeigte es sich, daß die sich direkte Thronfolge nur zu Ungunsten des Volkes und zu Gunsten der Herrschenden und deren Machterhalt auswirkte. So waren auch die Söhne des Peisistratos Tyrannen in der heutigen Bedeutung des Wortes. Sie wurden vom Volk entmachtet und aus der Stadt verjagt. Nun erinnerte man sich an die guten Gesetze Solons. Kleisthenes erneuerte sie; unter anderem führte er das berühmte Scherbengericht ein, bei dem jeder männliche Bürger in einer Art Wahl über den Verbleib eines Politikers in seinem Amt oder seine Verbannung auf 10 Jahre abstimmen konnte. In Athen herrschte volle Demokratie.

Während dessen hatte sich Sparta zur stärksten Militärmacht in Hellas entwickelt. Die beiden Könige dieses Stadtstaates herrschten über ein Volk von Kriegern (Spartiaten) und Sklaven (Heloten). Halbfreie (Periöken) bedienten die sieggewohnten Krieger, die Sklaven mußten die schweren Arbeiten verrichten. Einmal im Jahr wurden Sie für die jungen Spartiaten zur Jagd freigegeben, die dann unter diesen Ärmsten der Armen ein greuliches Blutbad anrichteten, indem sie jeden Heloten, der ihnen über den Weg lief, ermordeten.

Andere Städte, wie Theben oder Korinth, entwickelten sich wieder anders; sie bildeten zum Beispiel reiche Kaufmannschaften. Und jede dieser Städte schaute neidisch auf die andere. Dauernde Händel zwischen ihnen mit wechselnden Bündnissen untereinander führten zu einer anhaltenden Beunruhigung, die der Entwicklung nicht immer zuträglich war.

Aber für das gesamte Griechenland drohte aus dem Osten eine riesige Gefahr, die für etwa ein Jahrhundert die untereinander zerstrittenen Polis der Griechen vereinigen sollte: Schon lange beobachteten die persischen Großkönige Griechenland mit wachsender Gier. Die blühenden Kolonialstädte der Griechen am kleinasiatischen Westufer des Mittelmeeres hatte der jetzige Großkönig Xerxes bereits eingenommen; nun machte er sich an die Eroberung ganz Griechenlands.

So tauchten im Jahre 490 v. Chr. an der griechischen Küste die Kriegsschiffe des Xerxes auf. Ein Landheer, das bisher unbesiegt war, wurde an Land gesetzt und rüstete sich in der Tiefebene von Marathon auf der Halbinsel Attika, unweit von Athen, zum Kampf.

Athen war demnach in diesem Moment die am meisten bedrohte Stadt. Es bat alle Nachbarn um Hilfe. Aber kaum einer kam. Sparta mußte erst ein Orakel abwarten und aus Theben kam nur eine winzige Abordnung. Der athenische Oberkommandierende Miltiades stand vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Aber durch eine überraschende Attacke von den Höhen des Gebirges herunter, in vollem Laufschritt vorgetragen, konnte er die Perser überraschen und so verschüchtern daß er einen unerwarteten großen Sieg errang. Der Läufer von Marathon, der die Siegesbotschaft nach Athen brachte und nach Verkündung dieses großen Ereignisses tot zusammenbrach, ging neben seinem großen Kommandanten in die Geschichte ein.

Vorerst war der Angriff der Perser abgewehrt, zumal die Flotte des Großkönigs in einem Sturm an den Vorgebirgen der Insel Euböa kenterte und fast mit der gesamten Mannschaft unterging. Athen und Sparta nutzten die Zeit zum Abschluß eines Freundschafts- und Beistandspaktes. Die feindlichen Brüder hatten sich im Angesicht der allgemeinen Bedrohung von außen geeinigt.

In Athen begann währenddessen der Streit zwischen Aristides, einem großherzigen und weitblickenden Staatsmann, und Themistokles, der ihm nicht im geringsten nachstand. Es ging dabei um die Frage, ob Athen sich mit einem starken Landheer oder mit einer starken Flotte rüsten sollte; denn ein neuer Angriff Persiens war jederzeit zu erwarten. Das Scherbengericht entschied sich für Themistokles und seine Flotte, Aristides ging für zehn Jahre in die Verbannung.

Die Entscheidung für die Flotte schien genau die falsche gewesen zu sein. Denn im Jahr 480 v. Chr. überschritt Xerxes auf einer spezielle gebauten riesigen Brücke mit seiner enormen Streitmacht in für damaligen Zeiten ungeahnten Ausmaßen den Helespont. Ein riesiger Lindwurm von Soldaten und deren Troß wälzte sich von Norden her zu Lande auf Athen und Sparta zu, zur See begleitet von der persischen Flotte, die während des Marsches vor allem Aufgaben des Nachschubs und der Versorgung im Feindesland wahrnahm.

Der spartanische König Leonidas zog mit einer kleinen Truppen an den Paß der Thermopylen, den einzigen Übergang über die Berge nach Südgriechenland, um hier den Gegner abzufangen. Und diese kleine Truppe von ca. 300 bestens ausgebildeten Spartiaten stoppte tatsächlich für lange Zeit den Vormarsch der Perser. Die Thermopylen wurden gehalten. Erst nach langen Kämpfen konnte Xerxes dieses Hindernis – und dann nur durch Verrat – beseitigen. Leonidas und seine Männer wurden niedergemacht, der Weg in das Herzland Griechenlands war frei. Noch heute erinnert ein Mahnmal an die mutige Verteidigung des Leonidas mit der Inschrift: „O xein aggelein lakedaimoniois otti qhde keimeta twn keimwn rhmasin peitomenoi.“ Schiller übersetzte diesen Text folgendermaßen: „Wanderer kommst du nach Sparta verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehen, wie das Gesetz es befahl.“

Schon nach wenigen Tagen standen die Perser vor Athen, der Stadt, die ihnen die schmähliche Niederlage bei Marathon beigefügt hatte. Und Xerxes dachte jetzt nur an Rache. Aber er fand eine leere, dem Feind offen stehende Stadt vor. Themistokles hatte die gesamte Bevölkerung auf die neu erbauten Schiffe evakuiert. Xerxes ließ die Stadt total niederbrennen.

Und dann rüstete er seine neue Flotte. Die riesigen, schwer bewaffneten Kampfschiffe des Perserkönigs suchten die Entscheidung. Jetzt war die Stunde des Themistokles gekommen. Er ließ durch einen geheimen Boten dem Großkönig die Nachricht zuspielen, daß er mit ihm zusammenarbeiten wolle. Wenn er, Xerxes, die athenische Flotte zerstören wolle: Sie liege in der Bucht von Salamis. Und Xerxes wollte. Schon am nächsten Morgen gab er den Befehl, die Flotte in der Bucht von Salamis anzugreifen. Die Insel Salamis liegt in der Nähe des griechischen Festlandes, fast direkt Athen gegenüber. Der Großkönig ließ sich einen goldenen Thron an das erhöhte Ufer stellen, um, umgeben von seinen höchsten Offizieren, die Schlacht und den Untergang Athens „genießen zu können“.

Die griechische Flotte lag in dem dem Festland zugewandten schmalen Verbindungskanal. Das Wasser war hier zusätzlich relativ flach. Und schon begann die List des Themistokles zu wirken. In diesem engen und flachen Seegebiet konnten die riesigen Schiffe der Perser weder ihre Schlagkraft entfalten noch richtig operieren: sie liefen auf Sandbänke auf und wurden von den kleinen und wendigen griechischen Schiffen gerammt und versenkt. Persien war abermals durch Athen vollkommen geschlagen. Inzwischen räumte ein starkes spartanisches Heer mit den Landstreitkräften der Perser auf, die durch den Verlust der Flotte vom Nachschub abgeschnitten ebenfalls ihre volle Kampfkraft Nicht mehr entfalten konnten. Bei Platää wurden im Jahr 479 v. Chr. die Reste der einst so stolzen persischen Armee vernichtend geschlagen und nach Kleinasien zurückgeworfen. Europa war vor dem Eindringen der asiatischen Macht gerettet worden.

Aber schon begann es wieder, in Griechenland selbst zu kriseln. Athener und Spartaner, eben noch im Kampf gegen die Perser eng vereint, begannen, die alten Streitigkeiten wieder auszutragen. Vor allem befürchtete Sparta, daß Athen durch die beiden großen Siege über die Perser neben dem schon vorhandenen kulturellen Übergewicht nun auch noch das militärische bekommen könnte. Themistokles ahnte wohl, was auf Athen in den nächsten Jahren zukommen würde, und ließ die Stadt und den Hafen Piräus mit einer hohen und starken Mauer einfassen, damit die Stadt nicht gänzlich ungeschützt dem Gegner offen liege.

Nach dem Sieg bei Salamis hatten sich viele Städte Griechenlands und der griechischen Inseln in der Ägäis mit Athen als Oberhaupt zum Schutz gegen Angriffe von außen zum attischen Seebund zusammengeschlossen. Dieser Bund wurde von Aristides, der aus der Verbannung nach dem Scherbengericht zurückgekehrt war, verwaltet. Den Athenern war jetzt auch Themistokles zu stark geworden. Aus Sorge, er möge eine neue Tyrannis begründen, schickten sie ihn in die Verbannung. Themistokles starb vereinsamt am Hofe seines großen Gegners, des persischen Großkönigs Dareios.

Die Macht Athens wuchs von Jahr zu Jahr. In Athen gewann nun ein Mann immer mehr an Bedeutung, der das politische Gefüge in Griechenland schwer erschüttern sollte. Er war Athener von Geburt und stammte aus einer der vornehmsten Familien der Stadt: Perikles; er ist der Mann, unter dem Athen seine größte Blüte erreichen sollte.

Er stattete die Stadt mit großzügigen Neubauten aus. Der Brand, den die Perser 480 gelegt hatten, ermöglichte das. Die Akropolis, die alte Stadtburg, wurde zu einem Götterberg umgewandelt und prächtig ausgestattet. Ein Abglanz dieser alten Pracht ist uns bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Perikles förderte Kunst, Wissenschaften und Sport. Männer wie Phidias wirkten zu seiner Zeit. Die ersten namhaften Geschichtsschreiber begannen, Ihre Werke zu verfassen. Woher aber nahm Perikles das Geld für diese Maßnahmen; denn der athenische Staatsschatz war durch die gewaltigen Kriegsausgaben während der Perserkriege praktisch leer. Die Stadt Athen erpreßte immer neue und immer höhere Steuern von den Verbündeten aus dem attischen Seebund, die längst keine „Verbündeten“, sondern Untertanen Athens geworden waren. Wer aus dem Bündnis ausscheiden wollte, wurde mit massiver Waffengewalt zum Verbleib in ihm gezwungen. Jeder mußte damit rechnen, daß er wegen irgendeiner kleinen Verfehlung gegenüber dem Bündnis vom Erdboden ausradiert wurde. Die Verbitterung der nichtathenischen Bevölkerung wuchs. Die Athener aber liebten und verehrten ihren Gönner Perikles; und er wußte, seine Leute zu nehmen: Philosophieschulen sprossen aus dem Boden, zur Unterhaltung und Bildung des lernbegierigen Athener Mittel- und Adelsstandes. Sophisten verbreiteten ihre Lehren, daß alles gut sei, was dem eigenen Nutzen diene, die Interessen der anderen seien dabei gleichgültig.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wuchs in Athen ein Mann auf, der aus kleinen Verhältnissen stammte und von Beruf eigentlich Töpfer war. Er war von abstoßender Häßlichkeit, aber so wortgewandt, daß man ihm einfach zuhören mußte. Bald war er der Star der Philosophen auf dem Areopag; sein Name: Sokrates. Er wurde zu einem der größten Philosophen der Antike.

Er warnte die Athener vor den verderblichen Lehren der Sophisten, begründete eine eigene Schule und bildete die besten der besten aus, unter ihnen Platon, der uns Sokrates Lehren schriftlich überlieferte, und Alkibiades, von dem weiter unten noch zu berichten sein wird.

Aber der Neid der Sophisten brachte Sokrates unter der Anklage, die Jugend Athens verführt zu haben, vor Gericht. Seine Lehre wurde verstümmelt , falsch ausgelegt und verkehrt wiederberichtet. Das brachte ihm den Tod. Er wurde dazu verurteilt, einen Schirlingsbecher zu trinken.

Athen war Sparta schon seit langem zu mächtig geworden, der Neid wuchs und Sparta griff zu den Waffen. Ein schrecklicher Krieg unter vor gar nicht langer Zeit verbündeten griechischen Städten unter der Führung Athens auf der einen und der Spartas auf der anderen entbrannte, der sogenannte peloponesische Krieg. Perikles führte das athenische Heer mit Umsicht und Weitsicht. Aber jetzt sahen viele der unterdrückten Verbündeten ihre Chance und fielen von Athen ab. Dazu brach in der Stadt die Pest aus, der unter vielen anderen im Jahre 399 v. Chr. auch Perikles zum Opfer fiel. Das Kriegsglück wendete sich; Sparta eroberte Athen, riß die Mauern des Themistokles ein und errichtete eine Zwangsherrschaft.

Eine der schillerndsten Figuren dieses Krieges war der oben schon erwähnte Alkibiades. Er stammte aus der Familie des Perikles, war klug, redegewandt, durch die Schule des Sokrates gegangen. Aber er war gleichzeitig ein Genießer, ein Verächter der Götter und der Ordnung und großer Egoist. Nach dem Tode des Perikles übernahm er die Führung der athenischen Armee, wurde aber dann wegen Götterfrevels – er hatte betrunken einige Götterbilder umgestoßen – aus Athen verbannt. Er ging zu den Spartanern über, konnte sich aber auch dort nicht halten. Er kehrte auf Wunsch des Volkes nach Athen zurück, schickte das berühmt gewordene Expeditionskorps nach Sizilien, um dort die spartanischen Kolonien zu zerstören; ging aber vor Abschluß des Unternehmens wieder zu den Spartanern über, verriet seinen eigenen Plan und wurde endlich ermordet. Der Peloponesische Krieg war mit dem bereits genannten Ergebnis endgültig abgeschlossen.

Der lachende Dritte in diesem Krieg war der persische Großkönig, der Sparta zur Niederwerfung Athens finanziell unterstützt hatte. Er brachte damit die Spartaner in immer größere Abhängigkeit und sah seine Chance, die attische Küste Kleinasiens wieder zu besetzen und seinem Reich einzugliedern.

Lange aber währte dieser Zustand der Labilität und instabilen Verhältnisse in Griechenland nicht. Denn jetzt schaltete sich ein Mann in die griechischen Geschicke ein, der von den Griechen selbst als Barbar nie für voll genommen worden war, König Philipp II von Makedonien. Er selbst fühlte sich als Helene. Sein Bauern- und Jägervolk war noch unverbraucht und noch nicht durch eine überhohe Kultur verweichlicht. Er erkannte die Gefahr, die aus dem Osten wieder auf Griechenland zukam und wußte, nur ein einiges Griechenland konnte sich gegen diesen Feind wehren.

Aber die Griechen dachten nicht so wie er. In harten Kämpfen mußte er erst die Griechen überwinden und dann zu einem Vertrag mit ihm zwingen. Erst jetzt konnte Philipp an sein großes Werk gehen, Persien zu erobern. Die Rüstung lief schon auf vollen Touren, das gesamt-griechische Herr war schon aufgestellt, da wurde Philipp ermordet. Und sofort vielen die griechischen Städte wieder von ihm ab. Denn von seinem noch minderjährigen Sohn Alexander schien keine Gefahr für sie auszugehen. Dazu hieß es, Alexander sei auf einem Kriegszug in den nördlichen Teilen des Balkan ums Leben gekommen.

Wer war dieser Alexander, der als der Große in die Geschichte eingehen sollte? Er kam aus edlem Geschlecht. Seine Ahnen hatten schon seit eh und je den Thron in Makedonien inne. Sein Lehrer war Aristoteles, ein Schüler Platons und großer Philosoph. Alexanders Vorbild war Achilleus, der Held des trojanischen Krieges, sein liebstes Buch war Homers Illias, die er fast auswendig konnte. Er war von unbändiger Tatkraft, dabei aber auch von großer Übersicht und Ruhe. Seine Umgebung und seine Untergebenen hatte er jederzeit fest im Griff.

Dieser junge, aber schon so königliche Mann wollte sich jetzt daran geben, das riesige Perserreich zu vernichten und Griechenland endlich von der großen Angst vor dem übermächtigen Feind aus dem Osten befreien. Und die griechischen Stadtstaaten sahen ein, daß sie nur mit diesem starken Führer gegen Persien ziehen konnten. Sie schlossen sich Alexanders Heer an.

Schon kurz nach der Überquerung des Helespont wurden die Griechen in eine Schlacht an dem kleinen Gebirgsfluß Granikos verwickelt, bei der Alexander in seinem jugendlichen Übermut und Kampfeseifer beinahe erschlagen worden wäre, wenn nicht ein Reiteroberst ihn aus dem Haufen der Feinde herausgehauen hätte. Die Schlacht selbst ging zu Gunsten der Griechen aus. Nun führte der Zug sie an der Kleinasiatischen Küste entlang. Alle griechischen Städte wurden von den Persern befreit und die persischen Statthalter, Satrapen genannt, vertrieben. Neben kleinen Scharmützeln blieb aber die große Entscheidungsschlacht aus.

Erst an der taurischen Pforte bei Issus trafen die beiden riesigen Heere im Jahre 333 v. Chr. wieder aufeinander. Dareius III., der persische Großkönig, hatte sein Heer mit den gefürchteten Sichelwagen ausgerüstet. Aber Alexander führte seine Griechen an den Persern vorbei und griff sie von hinten und von der Seite her an. Die Kriegsmaschine der Perser konnte nicht so schnell neu aufgestellt werden, der Sieg gehörte den Griechen. Dareius flüchtete ins Landesinnere. Aber Alexander zog ihm nicht wie erwartet nach, sondern er wandte sich nach Süden an der Küste des Mittelmeeres entlang, belagerte Tyros, eroberte Jerusalem ,das unter persischer Herrschaft stand und zog bis Ägypten. Dort aber vollzog sich mit dem sympathischen jungen Kämpfer ein Wandel: In der Oase Siwa wurde er von der dortigen Priesterschaft des Gottes Ra als Gottessohn begrüßt. Von diesem Tag an wuchs seine Überheblichkeit, er entwickelte sich nach und nach zu einem orientalischen Fürsten, der niemanden neben sich duldete. Aber bis zum vollen Erreichen dieses Zustandes gebrauchte es noch einige Zeit. In Ägypten gründete er in der Nilmündung die erste einer Vielzahl von Städten mit dem Namen Alexandria.

Von Ägypten wandte er sich wieder nach Persien. In Eilmärschen stürmte er – wieder ganz der Alte – nach Norden, machte noch einmal Rast im besetzten Tyros, das ihm so lange tapfer Widerstand geleistet hatte und stieß dann blitzartig in das Innere Persiens bis nach Gaugamela vor. Dort stellte sich ihm Dareius noch einmal zum Kampf, wurde abermals geschlagen und konnte sich selbst nur noch mit knapper Not vor der Gefangennahme retten, mußte aber sein gesamtes Lager und seine Familie dem Gegner überlassen. Alexander behandelte sie großzügig, wie es der Gattin und den Kindern eines Königs zukommt.

Alexander setzte sofort zur Verfolgung des Großkönigs nach. Da erhielt er mitten auf dem Marsch die Nachricht, Dareius III sei von einem seiner Satrapen ermordet worden. Einen Tagesmarsch weiter fand man die Leiche des ehemaligen Großkönigs. Alexander ließ den Mörder unnachsichtig verfolgen und nach der Ergreifung vierteilen.

Nun stand ihm der Weg nach Persepolis, der Landeshauptstadt, offen. Alexander ließ es niederbrennen und dem Erdboden gleichmachen. Die Rache der Griechen an den Persern war besiegelt.

Aber damit gab sich Alexander nicht zufrieden. Er drang weiter in das Landesinnere vor. Er wollte die ihm fremde und geheimnisvolle Welt erforschen. Nun kamen auch die vielen Wissenschaftler, die er auf dem gesamten Marsch mitgenommen hatte, zur Geltung. Alexander durchforschte Zentralasien bis zur Höhe des Pamir, gründete neue Städte auf seinen Namen, in denen er Griechen ansiedelte, er marschierte weiter und weiter in den fremden Erdteil hinein. Er beherrschte schon jetzt einen so großen Teil der Welt, wie noch kein Mensch vor ihm. Er war der unumschränkte Herrscher der damals bekannten Welt.

Aber er sollte auf seinem Weg zum Indischen Ozean, den er unbedingt erreichen wollte, noch ein schweres Hindernis zu überwinden haben. Von seinem Wunsch beseelt, das Ende der Welt zu finden, erreichte er einen großen Fluß, den Indus. Dort erwartete ihn ein Herrscher mit einer riesigen Streitmacht. Dazu hatte er eine Waffe, die kein Grieche je vorher gesehen hatte und von der die Perser nur mit Angst berichteten; Kriegselefanten. Alexander besiegte den indischen Maharadscha dennoch durch eine List: Er schlich sich mit einigen treuen Mitkämpfern in das Lager der Inder, band den Elefanten Werg um die Schwänze und zündete sie an. Von Panik getrieben wandten sich die verschreckten Tiere gegen ihre eigenen Leute und trampelten alles nieder. Die Inder flohen in panischer Angst.

Aber Alexanders Zug zur Überheblichkeit, der sich schon in Ägypten gezeigt hatte, drang jetzt immer mehr nach außen. Er umgab sich mit dem Pomp der persischen Großkönige, verlangte von seinen alten Kriegskameraden den Kniefall, er wurde jähzornig und unberechenbar. Er erschlug während eines Gelages wegen eines nichtigen Anlasses den Reiterobersten Kleithos, der ihm zu Anfang des Feldzuges am Granikos aus der Menge der Perser herausgeschlagen und ihm so das Leben gerettet hatte.

Alexander hatte die Bereitschaft seiner Leute, ihm zu folgen überschätzt. Es kam zu Meutereien, die Griechen wollten heim. Das Ziel, Persien zu zerstören, war längst erreicht, es gab keinen Grund für einen weiteren Vormarsch mehr. Sie hatten ihrem Feldherrn bis Indien die Treue gehalten, sie waren ihm überall hin gefolgt. Aber jetzt sollte ein Ende des Vormarsches sein. Alexander konnte nicht umhin, den Vormarsch abzubrechen um nach Kleinasien zurückzukehren. Dabei fuhr ein Teil der Mannschaft auf der Flotte zurück, die dem Heereszug an den Küsten gefolgt war. Der Rest marschierte mit Alexander durch den Iran und die Arabische Wüste nach Susa zurück.

Alexander wünschte zur Befriedung seiner Griechen mit den Persern und zum sicheren Erhalt seines Einflußbereiches eine enge Verbindung von Griechen und Persern. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran und heiratete die Tochter des Großkönigs. Darauf folgte eine Massenhochzeit von griechischen und makedonischen Soldaten mit persischen Frauen.

Kurze Zeit später starb Alexander der Große im jugendlichen Alter von nur 33 Jahren im Jahre 323 v. Chr. Aber sein Eroberungswerk trug Früchte: Die wissenschaftlichen Erfolge seiner Gelehrten gelten noch heute, griechischer Geist wurde in alle Welt getragen, der Hellenismus war geboren. Eine einheitliche Sprache, die KoinŠh (Koine), eine Vereinfachung des Griechischen, einigte, wenn auch nur vorübergehend, die Völker der damals bekannten Welt. Griechentum und griechischer Geist blieben von da an in der Antike bestimmend, auch als die Blüte Griechenlands längst vorbei war, und wirken bis in unsere heutige Zeit. Der Hellenismus war geboren.

Nach dem Tode Alexanders wurde sein Riesenreich in drei Nachfolgestaaten, die Diadochen – Reiche, aufgeteilt. In Ägypten herrschten fortan die griechischen Ptolemäer, deren berühmtester Sproß die Pharaonin Kleopatra war. In Persien und Kleinasien entstand das Reich der Seleukiden und in Griechenland das der Antigoniden.

Die Blüte von Kultur und Wissenschaft hielt an, aber politisch war von den Griechen nichts mehr zu erwarten. Im Westen aber wuchs ein neues Volk heran, das die Herrschaft in weiten Teilen des Mittelmeerraumes übernehmen sollte:

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