- Das Hausmeieramt der Karolinger.
- Der missglueckte Staatsstreich Grimoalds.
- Pippin der Mittlere, Hausmeier des Frankenreiches.
- Karl Martell, der Schmiedehammer.
- Pippin der Juengere und sein Bruder Karlmann.
- Die Uerberraschung des Hoftages zu Dueren.
- Die Pippinidische Schenkung, der Preis fuer das Koenigtum Pippins.
Der Niedergang des merowingischen Koenigtums ging einher mit dem Aufstieg eines bestimmten Hofamtes, dass des Hausmeiers (Majordomus). Urspruenglich bot dieses Amt wohl wenig Aufstiegsmoeglichkeiten, wahrscheinlich kuemmerte sich der Hausmeier um die Belange der koeniglichen Ehefrau. Das Amt gewann ueber die Zeit hinweg dennoch an Einfluss und war bald das begehrteste Sprungbrett zur Macht fuer einflussreiche Adelsfamilien.
Eben dieses Amt bekleidete einer der Ahnherren Karls des Grossen, naemlich Pippin der Aeltere. Ein weiterer Ahnherr war Arnulf, Bischof von Metz. Daraus geht hervor, dass die Familie nach ihren beiden bekanntesten Abkoemmlingen benannt wurde, naemlich Karl dem Grossen und Karl Martell. Ansonsten waere naemlich die Bezeichnung Pippiniden oder Arnulfinger naheliegender gewesen.
Die Familien stammte aus dem austrischen Reichsteil. Austrien ist im Gebiet um Metz, Ingelheim und Aachen zu suchen und war neben Neustrien (Nordfrankreich einschliesslich Soissons und Paris) der einflussreichte Reichsteil. Vorgaenger von Arnulf und Pippin d. Ae. lassen sich nicht mehr ermitteln, allerdings geben die Chronisten der Karolinger fraenkische Adelsgeschlechter und roemische Senatorenfamilien als Ursprung der Familie an.
In der Zeit der ersten nachweislichen Karolinger regierte Koenig Dagobert I., der in Paris residierte und einer der letzten tatkraeftig regierenden Merowinger war. Er konnte die Reichseinheit jedoch nicht bewahren, sondern teilte sein Reich auf. So machte er beispielsweise seinen dreijahrigen Sohn Sigibert III. zum Unterkoenig in Austrien (Hauptstadt Metz). Auch die Nachfolger Dagoberts teilten das Reich weiter auf. Der Tod Dagoberts (639) fiel uebrigens ungefaehr zusammen mit dem Ableben von Pippin (640) und Arnulf (639).
Ein Sohn Pippins folgte ihm in das Amt des Hausmeiers (643), naemlich ein gewisser Grimoald. Schon zu dieser Zeit waren die Merowingerkoenige offenbar voellig machtlos und der Hausmeier hatte nahezu alle koenigliche Gewalt inne. Grimoald war der erste seiner Familie, der die Koenigswuerde offen anstrebte. Dabei war ihm allerdings wenig Glueck beschieden.
Er hatte sich das Jahr 656 fuer seinen geplanten Staatstreich ausgesucht (der als solcher uebrigens auch in die Geschichte einging). In diesem Jahr starb der austrische Merowingerkoenig Sigibert III. Zuvor hatte Grimoald seinen eigenen Sohn Childebert durch den Merowinger adoptieren lassen, welcher daraufhin den Beinamen adoptivus erhielt. Diesen Childebert setzte Grimoald nun auf den Thron, waehrend er den eigentlichen Thronerben Dagobert auf „Pilgerfahrt“, oder anders gesagt ins Exil, nach Irland schickte. Grimoald hatte sich allerdings verspekuliert. Die Macht der Karolinger war laengst noch nicht gross genug, um eine Staatsumwaelzung durchfuehren zu koennen. Es kam zu heftiger Adelsopposition in Austrien, die darin gipfelte, dass Grimoald 662 gefangen und getoetet wurde. Was aus Childebert adoptivus wurde, ist ungewiss. Damit war die maennliche Nachfolgerlinie Pippins des Aelteren ausgestorben.
Eine Tochter Grimoalds, die Begga heiratete den Sohn Arnulfs von Metz, den Ansgisel. Der andere Sohn Arnulfs, ein gewisser Chlodulf, folgte ihm in das Amt des Bischofs von Metz. Aus der Ehe Beggas und Ansegisels entsprang Pippin der Mittlere (interessanterweise wurde der Sohn nach dem Grossvater muetterlicherseits benannt, was vielleicht zeigt, das starke Frauen im Frankenreich durchaus einflussreich sein konnten). Diesem Pippin II. war es beschieden, die Scherben, die Grimoald mit seinem missglueckten Staatsstreich hinterlassen hatte, wieder zusammenzufuegen und seiner Familie den Weg zur Koenigswuerde zu ebnen.
Langsam baute sich Pippin wieder eine Hausmacht auf, wobei er allerlei rivalisierende Adelsgeschlechter in Austrien ausschalten musste. Um an Einfluss zu gewinnen, heiratete er die Plektrud, aus einer reichen Familie, die ueber einen grossen Einfluss verfuegte und diesen niemals verlor.
Vor allem in den spaeten siebziger und achtziger Jahren des siebten Jahrhunderts kaempfte Pippin heftig gegen die Neustrier. Diese kaempften unter ihrerm Hausmeier Ebroin im Namen irgendeines Merowingers ebenso um die Gesamtherrschaft im Frankenreich. Ebroin wurde 680 ermordet, aber es folgten ihm andere nach. Pippin leistete erbitterten Widerstand und konnte sich schliesslich 687 bei Tertry durchsetzen. Die Neustrier und die verbuendeten Burgunder wurden geschlagen, Pippin zum Hausmeier aller Reichsteile und sein Amt erblich.
Pippin erwies sich als faehiger Herrscher (obgleich noch immer nominell nur Diener eines Merowingers). Er trieb die Missionierung Deutschlands voran. Er unterstuetzte die Angelsachsen Wilfried und Willibrord (die Briten waren besonders eifrige Pilger und Missionare), die im reichen Friesland missionierten. Spaeter unterstuetzte Pippin auch den beruehmten Bonifatius, wohl auch, da er sich einen groesseren Einfluss auf die Friesen, die zu der Zeit noch ein Herzogtum besassen, erhoffte. Schliesslich musste der letzte Erbe des friesischen Herzogs eine von Pippins Toechtern heiraten.
702 machte Pippin einen seiner Soehne, den Grimoald zum Hausmeier eines Teilreiches. Es bestand der Plan, sein Erbe unter jenem Grimoald, dessen Bruder Drogo und einem Sohn aus einer Friedelehe mit der Chalpaida (eine Nebenfrau, die dennoch nicht rechtlos war. Friedelehen waren im Frankenreich in germanischer Tradition allgemein ueblich) namens Karl. Pippins Plan ging jedoch nicht auf, denn noch vor seinem Tod 714 starben sowohl Grimoald als auch Drogo.
Nach 714 waren im Frankenreich wieder Machtkaempfe und Thronstreitigkeiten angesagt. Plektrud wollte die Nachfolge Karls nicht anerkennen, sondern machte einen ihrer Enkel zum Hausmeier, nachdem Karl verhaftet worden war. Ihr Auserwaehlter war Theudewald, ein unehelicher Sohn Drogos. Warum sie nicht einen der ehelichen Nachkommen ihrer Soehne waehlte, ist nicht bekannt.
Karl wollte sich mit dieser unbefriedigenden Situation allerdings partout nicht abfinden und entfloh der Haft, um sein Glueck zu machen und schliesslich als Karl Martell in die Geschichte einzugehen.
Die Neustrier rebellierten bald gegen den ihnen von Plektrud vorgesetzten Theudewald, denn sie erkannten, dass seine Grossmutter in Wirklichkeit die Zuegel in der Hand hielt. 715 traf man aufeinander und Theudewald holte sich eine blutige Nase. Zum ersten Mal nach 687 (Tertry) hatten die Neustrier wieder die Oberhand im Frankenreich. Koenig Dagobert III. wurde nun genoetigt einen der ihren, den Raganfrid, zum Hausmeier zu machen. Da der Koenig jedoch bald darauf starb, wurde schnell ein gewisser Chilperich II. zum Koenig gemacht. Die Neustrier drangen nun tief in austrische und karolingische Stammlande ein, unterstuetzt vom Friesenherzog Radbod und belagerten sogar Koeln, wo Plektrud sich eingeigelt hatte.
Karl war inzwischen nicht untaetig sondern konnte sich eine ansehnliche Gefolgschaft aufbauen, hauptsaechlich austrische Adelige, die den Verkust ihrer Macht an die Neustrier fuerchteten. Der Mut und der Wille Karls, welche ihn beruehmt machen und seiner Familie seinen Namen geben sollte, zeigten sich, als er nach einer empfindlichen Niederlage gegen die Friesen anstatt aufzustecken die Neustrier angriff, die er in einem Scharmuetzel bei Ambléve schlagen konnte. Am 21. 3.717 hatte Karl genug Anhaenger gewonnen, um gegen Raganfrid bei Vichy antreten zu koennen. Er siegte und zog sogleich nach Koeln, um seine widerspenstige Stiefmutter zu entmachten. Diese erkannte seine Rechte endlich an und begab sich selbst ins Kloster.
Karl erhob einen Gegenkoenig Chlothar IV. und drang nun seinerseits nach Neustrien vor. 718 eroberte Karl Orleans, drang ueber Soissons bis nach Paris vor und vertrieb Raganfrid, der sich in Anjou verkriechen musste. Die Neustrier lieferten Karl Koenig Chilperich II. samt dessen Staatsschatz aus, woraufhin Karl diesen anstatt des rasch verstorbenen Chlothars als Koenig anerkannte. 721 folgte Koenig Theuderich IV., ueber den nichts weiter bekannt ist. Damit war die soagenannte Sukzessionskrise um die Nachfolge Pippins II. eigentlich beendet und gilt mit dem Tod der Soehne Drogos 723 als endgueltig abgeschlossen.
Anders als sein Vater Pippin, der eher auf Grenzsicherung bedacht war, ging der agile Karl sogleich daran seinen Machtbereich auszudehnen. Noch im Herbst 718 drang Karl in saechsisches Gebiet vor (die Sachsen hatten gegen ihn gekaempft) und stiess bis zur Weser vor. Es war der Beginn einer Auseinandersetzung, die erst sein Enkel Karl der Grosse in einem zaehen Ringen etwa 90 Jahre spaeter beenden konnte. Auch nach Friesland stiess Karl mehrmals vor, wo er nach Herzog Radbods Tod auf weniger Widerstand stiess. Karl stellte die fraenkische Oberherrschaft ueber die Rheinmuendung wieder her. Um das Gebiet gaenzlich zu befrieden, blieben aber Vorstoesse in die Region bis 733 noetig. Dennoch war das friesische Herzogtum erloschen.
Auch gegen innerfraenkische Herzoege trat Karl an, so beispielsweise gegen die Alemannen. Nach mehreren Vorstoessen gegen diese, welche vor allem dazu dienten, den Durchmarsch nach Bayern zu erzwingen, zog Karl 730 speziell gegen die Alemannen, deren Herzog Lantfrid wohl im Kampf gegen ihn fiel. Auch wenn er als Erben einen Bruder namens Theudobald hinterliess, sah Karl die Alemannen als erledigt an.
Desweiteren zog Karl gegen Bayern, 725 und 728, machte allerlei Gefangene, jedoch wurde die Entscheidung ueber das Herzogtum auf spaetere Zeiten vertagt. Karl stand bald allerdings einer seiner groessten Herausforderungen entgegen, eine Herausforderung die angeblich fuer das Abendland so entscheidend war, wie der Sieg Roms ueber Hannibal.
711 waren die Araber ins Westgotenreich vorgedrungen. Tarik, aus der beruehmten arabischen Herrscherdynastie der Omajaden, setzte nach Gibraltar ueber und besiegte bald darauf die Westgoten unter ihrem Koenig Roderich. Damit war der Eroberungsdurst der Araber aber noch nicht gestillt. Im Eiltempo unterwarfen sie Spanien bis zu den Pyrenaeen und rueckten dann nach Fankreich, in die fruehere roemische Narbonnensis, ein, Narbonne fiel 720. 723 versuchte Herzog Oldo von Aquitanien, der 721 erfolgreich Toulouse verteidigt hatte, durch eine Heirat ein Buendnis mit den Arabern zustande zu bringen, denn so wie es aussah, hatte er die Wahl zwischen den Omajaden oder den Franken, die sich ihm bald zuwenden wuerden. Die Heirat kam jedoch nicht zustande und bis 725 gingen weite Landstriche verloren. Als auch noch Karl 731 in Aquitanien einfiel gab Herzog Oldo auf und bat den Frankenkoenig um Hilfe gegen den erfolgreichen arabischen Eroberer Abd ar-Rachman. 732 traf man bei Tours und Poitiers auf die Araber und dank dieser Schlacht erhielt Karl von spaeteren Chronisten den Beinamen Martell, der „Schmiedehammer“. Der unbeweglichen aber kraeftigen fraenkischen Kavalerie auf ihren Kaltblueterpferden gelang es, die Araber auf ihren schnellen, warmbluetigen Stuten einzukesseln und erkaempfte einen glanzvollen Sieg. Auch in den folgenden Jahren kaempfte Karl Martell heftig gegen die Araber, gemeinsam mit den verbuendeten Langobarden unter ihrem Koenig Luitprand. Es war wohl weniger der grosse Sieg von Tours und Poitiers, als die kontinuierliche Gegenwehr in den folgenden Jahren, die der arabischen Expansion bis 738 endgueltig ein Ende setzte.
Das Jahr 737 sah interessante Ereignisse. Der Merowingerkoenig Theudewald IV. starb. Karl Martell war inzwischen so maechtig, dass er darauf verzichtete, einen weiteren Koenig zu erheben. Als Hausmeier regierte er die letzten Jahre seiner Herrschaft mit allen koeniglichen Machtbefugnissen. Die eigentliche Koenigswuerde scheint er nicht angestrebt zu haben. Im selben Jahr wurde er mit einem weiteren Problem konfrontiert, mit welchem sich spaeter seine Erben herumschlagen muessen. Die Langobarden unter Luitprand dehnten sich in Italien hemmungslos aus, wobei sie sowohl byzantinisches Gebiet (das Exarchat) angriffen (dessen Hauptstadt Ravenna fiel 730 sogar an die Langobarden, ging allerdings waehrend einer Krankheit Luitprands 737 wieder verloren), als auch paepstliches, obwohl sie eigentlich katholisch waren. Sie intrigierten sowohl mit dem Exarchen, als auch mit dem Papst, um Gebietsgewinne zu erreichen und waren dabei so erfolgreich, dass der Papst bald Blut und Wasser schwitzte. So entsendete Gregor III. schliesslich eine Bittgesandschaft an Karl Martell, ihm die Langobarden vom Hals zu schaffen, wobei Karl symbolisch der St.Peters-Schluessel ueberreicht wurde. Karl musste jedoch ablehnen, da er die Hilfe der Langobarden gegen die Araber noch benoetigte. Interessant am Verhalten des Papstes ist, dass er sich an den fraenkischen Germanenkoenig wendete und nicht an den Kaiser in Byzanz, seinen eigentlichen Schutzherrn. Es begann die Abnabelung von der Ostkirche, welche eng verbunden mit dem Aufstieg der Karolinger war. Vorlaeufig musste Gregors Nachfolger Zacharias sich selbst mit den Langobarden auseinandersetzen, die unter Luitprand noch das Herzogtum Spoleto eroberten, bis der Langobardenkoenig 744 starb.
Die Unterwerfung der Sachsen gelang erst Karl Martell’s EnkelKarl Martell war schon vor ihm, 741, gestorben und hinterliess zwei erbberechtigte Soehne, die sich die Herrschaft teilen mussten: Karlmann und Pippin der II., der Juengere. Die beiden mussten sich offenbar erst gegen einen weiteren Sohn Pippins duchsetzen: Grifo, der jedoch waehrend seinem Revolutionsversuch gefangengesetzt wurde, „geschoren“ (Tonsur verpasst kriegen) und ins Kloster gesteckt wurde.Die beiden teilten das Reich in Ost (Karlmann) und West. Interessant an ihrer gemeinschaftlichen Herrschaft ist ihr scheinbar eintraechtigeres regieren und das Karlmann offenbar der aktivere von beiden war. So wendeten sich paepstliche Gesandschaften, entsendet wegen der langobardischen Bedrohung, zu Beginn der vierziger Jahre des 8. Jahrhunderts an Karlmann und nicht an den juengeren Pippin.
Gemeinsam griffen die beiden Brueder 742 Aquitanien an und eroberten dort Bourges, was Herzog Hunoald fuer einige Jahre in die Schranken wies. Im selben Jahr stuermten die Brueder Alemannien. Die Fuehrung dieser Unternehmungen hatte offenbar Karlmann inne, doch Pippin wurde mehr und mehr zur staerkeren Persoenlichkeit.
743 wurden die beiden wegen der starken Adelsopposition, die einen Merowingerkoenig wollte, dazu gezwungen, einen weiteren Schattenkoenig zu erheben, Childerich III., der die Ehre haben wuerde, die Herrschaft seiner Dynastie zu beenden. Offenbar glaubten sich die beiden Brueder nicht so sicher wie ihr Vater Karl Martell, weshalb sie auf den Merowingerkoenig zur Integration neustrischer und austrischer Adelsfamilien setzten. Im selben Jahr zogen die Brueder gegen den ungeliebten Schwager und Unruhestifte Odilo von Bayern, den sie beim Uebergang ueber den Lech schlagen konnten (anders als der beruehmte Schwedenkoenig Gustav-Adolf, der hier waehrend des Dreissig Jaehrigen Krieges den Durchmarsch erzwingen wollte und von Wallenstein aufgehalten wurde). Nach seiner Flucht erkannte Odilo die fraenkische Oberhoheit erneut an, womit sich die Franken begnuegten. Spaeter im Jahr fuehrte Karlmann dann noch Strafexpeditionen gegen die Ostsachsen, die mit Odilo in den Kampf gezogen waren.
Auf dem Hoftag zu Dueren erklaerte Karlmann dann ziemlich ueberraschend seinen Ruecktritt vom Hausmeieramt, welches er nun allein seinem Bruder ueberliess. Das Fruehjahr hatte noch einen gemeinsamen Feldzug der Brueder gegen Aquitanien gesehen. Was Karlmann zu dieser Entscheidung brachte, liegt im Dunkel der Geschichte. Streitigkeiten zwischen den Bruedern sind nicht bekannt, ebensowenig wie etwa eine heftige Adelsopposition gegen Karlmann. Er scheint einfach auf einmal das Interesse an Politik verloren zu haben und ueberliess seinem ambitionierten Bruder das Revier. Historikern gibt dieser Entschluss noch immer Raetsel auf, es herrscht allgemeine Hilflosigkeit bei Erklaerungsversuchen.
746 fuehrte Karlmann dann einen Vorstoss nach Alemannien, woraufhin das alemannische Herzogtum endgueltig erlosch. Im Herbst 747 erklaerte Karlmann schliesslich, er wolle sich scheren lassen und Moench werden, angeblich aus Reue ueber die blutige Unterdrueckung der Alemannen. Er zog sich nach Italien ins Kloster Montecassino zurueck, Pippin war nun unangefochtener Alleinherrscher (abgesehen von dem offiziellen Schattenkoenig).
Inzwischen war Herzog Odilo von Bayern gestorben, weshalb sich die Opposition gegen Pippin hier unter dem Bruder Grifo versammelte. 749 fegte Pippin erneut durch Bayern und brachte das Land zur Raison. Der Sohn Odilos, Tassilo, wurde unter der Vormundschaft seiner Mutter Hiltrud Herzog von Bayern, uebrigens der letzte. Grifo floh erneut, diesmal nach Aquitanien. Auch von dort musste er fliehen, bis er schliesslich 753 beim Versuch die Alpen zu ueberqueren um den Langobarden im Kampf gegen Pippin beizustehen getoetet wurde.
Die Langobarden waren mittlerweile zum Problem fuer den fraenkischen Hausmeier geworden. Unter ihrem neuen Anfuehrer Eisthulf terrorisierten sie Italien und der Papst entsandte Jahr um Jahr Bittgesandschaften, um die Hilfe Pippins zu erlangen. Unter diesem Druck gelang Pippin ein Coup, der ihn von seinen erfolgreichen Vorfahren abhebt.
Er entsendete seinerseits eine Gesandschaft an Papst Zacharias(750), welche diesem die Frage stellte, ob es besser sei, denjenigen Koenig zu nennen, der die Macht eines Koenigs haette, oder den, der sie nicht haette. Zacharias, der die Hilfe der Franken bitter noetig hatte, antwortete, es waere besser den Koenig zu nennen, der die koenigliche Macht haette. Diese Antwort war eine der eklatantesten Entscheidungen der Geschichte, denn erst durch die Folge dieses Entschlusses wurde das Kaisertum Karls ueberhaupt erst denkbar, und weiterhin festigte er die karolingische Vorherrschaft in Mitteleuropa fuer die naechsten 150 Jahre. Wie beschrieben sollte das Wagnis, auf welches Pippin sich einlassen wuerde, aeusserst folgenschwer sein.
In Folge der paepstlichen Meinungsaeusserung wagte es Pippin, sich 751 zum Koenig machen zu lassen. Um den Akt zu legalisieren, liess er sich ebenso durch die traditionelle germanische Schilderhebung inthronisieren, wie auch durch eine christliche Salbung nach bilblischen (Saul, David) Vorbild. Die Salbung wurde durch fraenkische Geistliche ausgefuehrt. Unwahrscheinlich ist, dass die Salbung durch Bonifatius durchgefuehrt wurde, wie es einige Legenden und Chroniken beschreiben. Childerich und dessen Sohn Theuderich wurden kurzerhand abgesetzt, geschoren und ins Kloster Saint-Bertin gesteckt.
Inzwischen war Papst Stefan II. oberster Bischof von Rom und Langobardenkoenig Eisthulf beanspruchte die Oberherrschaft ueber Rom. Der verzweifelte Papst packte seine sieben Sachen und zog ins Frankenreich, sowohl um Pippin an seine Verpflichtungen zu erinnern, als auch um den zukuenftigen Koenig einen gewaltigen Gefallen zu tun. Der Papst wurde nach seiner Alpenueberquerung im Fruehjahr 754 mit allen Ehren empfangen. Man hatte ihm beispielsweise Pippins aeltesten Sohn entgegengeschickt, Karl, der spaeter ein Kaiser werden wuerde. In Soissons empfing Pippin den hohen Gast und fuehrte dessen Pferd am Zuegel (eine Unterwuerfigkeitsgeste). Dafuer salbte Stefan Pippin erneut zum Koenig und ebenso dessen Soehne Karl und Karlmann, was die Erblichkeit der Koenigswuerde garantierte. Ab wann Pippin die Koenigswuerde, die damit vollendet war, anvisiert hat, ist fraglich. Wieder einmal ist genaueres unbekannt, ob zur Koenigswuerde beispielsweise wie die Jungfrau zum Kinde kam, oder ob sie fuer ihn immer schon ein Lebensziel darstellte (abwegig waere dies nicht, denn schliesslich hatten die karolingischen Hausmeier schon in dritter Generation koeniglichen Vollmachten).
Pippin versprach dem Papst militaerische Hilfe gegen die Langobarden und sicherte ihm in der Pippinidischen Schenkung die Gebietsgewinne zu. Diese Schenkung war der Beginn des Kirchenstaates, der Beginn der weltlichen Herrschaft des Papstes, ebenso eine entscheidende Weichenstellung fuer die Struktur des europaeischen Mittelalters. Es bedeutet weiterhin eine Umorientierung des Papstes, was sich schon zu Zeiten Karl Martells angedeutet hatte. Der Bischof Roms wandte sich vom byzantinischen Osten ab und suchte Schutz und Beistand im germanischen Westen.
Aus dem Anlass des Eintreffens eines Papstes im Frankenreich trat auf einmal auch Pippins Bruder Karlmann wieder auf den Plan. Dieser fand sich am Hof des Frankenkoenigs ein um das Erbrecht seiner Soehne durchzusetzen. Damit hatte er freilich wenig Erfolg, denn Pippin liess ihn festhalten, waehrend Karlmanns Soehne geschoren und ins Kloster verbracht wurden. Krank und enttaeuscht starb Karlmann im Spaetsommer 754 in Vienne. Somit war Pippins Linie unumstritten.
Im Sommer 754 und 756 fuehrte Pippin seine Truppen gegen die Langobarden. Dabei wurde er von seinem aeltesten Sohn Karl begleitet, der sich die Gegend gut einpraegte, denn in kaum zwanzig Jahren wuerde er hier der Angreifer sein. Pippin machte sich Eisthulf rasch gefuegig, zuletzt durch eine Belagerung von dessen Hauptstadt Pavia. Eisthulf musste das eroberte Exarchart von Ravenna abgegeben, welches Pippin nicht seinem rechtmaessigen Besitzer, Byzanz, ueberliess, sondern dem Papst.
Pippins militaerische Leistungen, die in seiner restlichen Regenschaft ueberwogen, waren vergleichbar mit denen Karl Martells. Schon zu Beginn der fuenfziger Jahre des 8. Jahrhunderts nahm er die Kaempfe gegen die Araber wieder auf und eroberte 759 schliesslich Narbonne, die letzte arabische Bastion auf franzoesischen Gebiet. Nachdem er die Araber erfolgreich ueber die Pyrenaeen zurueckgedraengt hatte, wandte er sich den widerspenstigen Aquitaniern zu. Diese erwiesen sich als harter Brocken und ihr Widerstand war zaeh und ausdauernd. Ab 760 fuehrte Pippin jedes Jahr bis zu seinem Tod einen Feldzug nach Aquitanien, begleitet von seinen Soehnen Karl und Karlmann. 763 desertierte Tassilo von Bayern, der noch 757 die Heeresfolge geschworen hatte, aus seinem Heer, der sogenannte Harisliz. Pippin war allerdings zu beschaeftigt, um sich der Bayern anzunehmen, was also seinem Sohn Karl ueberlassen bleiben sollte. 768 war Aquitanien endlich befriedet, letztlich zu Fall gebracht durch heftig rivalisierende Adelsschichten innerhalb des Landes, die den eigenen Herzog Waifar, der sich Pippin bisher erfolgreich widersetzt hatte, erschlugen.
Im selben Jahr verstarb der erfolgreiche Pippin, erster karolingischer Koenig der Franken. Sein Reich hinterliess er seinen beiden Soehen Karl und Karlmann, die sich offenbar nicht sonderlich gut leiden konnten. Konflikte waren vorprogrammiert und die Geschichte zeigt, dass Karl erfolgreich aus ihnen hervorging, um „der Grosse“ zu werden.