November 21, 2024

7. Bellum Gallicum. Caesars Sieg über die keltischen Heerscharen als Sprungbrett zur Macht.


Gallien in seiner Gesamtheit zerfällt in drei Teile:(…)

So beginnt Caesars berühmtes Werk „Bellum Gallicum“ (Originaltitel: „C. Iulii Caesaris commentarii de bello Gallico“), welches er wohl selbst verfasste und woran kaum jemand vorbeikommt, der Latein lernt. Caesar nimmt es allerdings nicht allzu genau mit dieser geographischen Einteilung, denn tatsächlich bestand Gallien natürlich aus erheblich mehr Teilen. Das Land war den Römern beinahe völlig fremd, sozusagen eine terra incognita der Antike. Zwar gehörte ein Teil des Landes, nämlich die Provinz Gallia Narbonensis, schon seit längerer Zeit zum römischen Reich, doch die Provinz war eigentlich nur zum Schutz der Landverbindung zur wichtigen Provinz Hispania eingerichtet worden. Interesse an einer Expansion in den wilden Bereich im Landesinneren bestand vor Caesar kaum.

Rom hatte allerdings mit den dort lebenden Kelten auch wenig gute Erfahrungen gemacht. Vor langer Zeit hatten sie es sogar geschafft, in Rom selbst einzufallen und es niederzubrennen (387 unter Brennus: „vae victis“ = wehe den Besiegten). Auch später waren Kelten aus Gallien oftmals in Italien eingefallen, konnten jedoch abgewehrt werden. Von diesen hünenhaften, aber undisziplinierten Kriegern hielt man sich lieber fern. Die Gallier hielten es mit den Römern, die sie als zähe Gegner kennen gelernt hatten, übrigens ebenso. Es bestanden zwar Handelsbeziehungen, aber das keltische Gebiet des heutigen Frankreich war für die Römer beinahe völlig unerschlossen.

„Die Kelten“ sollte man allerdings nicht als ein Volk ansehen. Ethnographisch mag das zwar korrekt sein, sie teilten sich jedoch in Dutzende, untereinander häufig rivalisierende Stammesverbände auf. Wie viele Stämme es gewesen sein mögen, die Caesar nach und nach zum Kampf herausforderte, kann heute wohl kaum noch ermittelt werden, ebenso wenig, wie hoch wohl die Gesamtbevölkerung des damaligen Gallien war. Fest steht nur, dass sie nach dem achtjährigen Wüten Caesars erheblich reduziert sein sollte. Hierzu später mehr.

Dennoch, Gallien war nicht etwa primitiv. Es bestand ein ausgedehntes Straßennetz, was den Handel von der Kanalküste zur Mittelmeerküste überhaupt erst möglich machte. Auch die weit verzweigten Flusssysteme (Rhone, Saone, Doubs,…) waren als Verkehrswege gut geeignet.  Schon seit Jahrhunderten pflegte man den Handel mit dem griechischen Massilia (Marseille) und auch mit den anliegenden hellenisierten Gegenden.

Als Caesar im April 58 in seiner Provinz eintraf, gab es keinen Grund, einen solch gewaltigen Krieg zu führen, denn in den Jahren zuvor gab es zwischen Gallien und Rom viel mehr florierenden Handel als kriegerische Auseinandersetzungen. Was also brachte Caesar dazu, einen Krieg mit den Keltenvölkern anzufangen? War sein Vorgehen von Anfang an geplant oder entwickelten sich die Geschehnisse zufällig? Wie nicht anders zu erwarten, kommen Caesars Gegner zu anderen Ergebnissen als seine Befürworter. Die einen behaupten, Caesar hätte Gallien planmäßig angegriffen und unterworfen und dabei geschickt Propaganda eingesetzt, um den Gegner als gefährlicher hinzustellen, als er war. Caesars Befürworter leugnen nicht, dass sich Caesar nach einem großen Krieg gesehnt hatte; tatsächlich hatte er diesen unbedingt nötig, denn während seiner Abwesenheit von Rom musste er auf den Schlachtfeldern möglichst viel Ruhm und Ehre erlangen, damit sein Einfluss nicht verloren ging. Andererseits scheint es eher unwahrscheinlich, dass Caesar von Beginn an ausgerechnet Gallien mit Krieg überziehen wollte (vielleicht um eine angebliche Ost-Lastigkeit des Reiches durch die Siege des Pompeius auszugleichen, wie vermutet wurde), kam er doch nur durch den unerwarteten Tod des Metellus in Besitz der Statthalterschaft der anliegenden Narbonensis. Viel näher hätte ein Vorstoß in Richtung Illyrien oder der Donau gelegen, schließlich befanden sich seine eigentlich vorgesehenen prokonsularischen Provinzen in Norditalien.

Auch über den Kriegsausbruch wird gestritten. Die einen behaupten, Caesar hätte diesen wohlwollend provoziert, während andere ihn freisprechen. Fakt ist, dass die keltischen Helvetier ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete verlassen hatten und durch Gallien ziehen wollten. Warum sie ihre Heimat nördlich des Genfer Sees, wo sie erst in der zweiten Generation lebten, nach kurzer Zeit wieder verließen, ist ungewiss. Die einen behaupten, es handle sich um ein typisches Wandervolk, das eben ständig auf der Suche nach besserem Siedlungsraum gewesen sei. Andere gehen davon aus, dass der Germanenfürst Ariovist, der mit seinen Heeren bald auf Caesar treffen würde, die Helvetier vertrieben hatte, um sich linksrheinisch festzusetzen. Als Caesar von dem Wandervolk hörte, reiste er überstürzt aus Rom ab und erreichte innerhalb von acht Tagen Genf.

Die Helvetier waren allerdings weniger angriffslustig, als es Caesar, der sich nach einem Krieg sehnte, lieb gewesen sein kann. Sie schickten eine Gesandtschaft und baten um einen friedlichen Durchzug. Caesar hielt sie hin und gab vor, die Bitte zuerst in Rom prüfen lassen zu müssen. Zwei Wochen später, wohl am 13. April, wollte er ihnen eine endgültige Antwort geben. Dass er angeblich in Verhandlungen mit den Helvetiern stand, hinderte ihn jedoch nicht daran, während der Wartezeit zwischen Rhone und Jura einen Wall anlegen zu lassen. Die Helvetier ließen sich nicht provozieren, sondern kamen zum vereinbarten Zeitpunkt zurück, um sich von Caesar eine Abfuhr zu holen.

Die Helvetier versuchten in kleinen Gruppen über den Fluss zu gelangen – allerdings versuchten nur wenige Stammesmitglieder, mit Booten überzusetzen, der Rest verschwand friedlich ins Hinterland, um nach einer Route zu suchen, bei der man römisches Gebiet nicht kreuzen musste. So zogen sie durch das Gebiet der Sequaner. So leicht entkamen sie Caesars Kriegsplänen allerdings nicht, denn obwohl die Sequaner eigentlich nichts mit den Römern zu tun hatten, so lag ihr Gebiet doch angeblich in direkter Nachbarschaft zu den Häduern, die bei Tolosa (Toulouse) lebten und als römisches Klientelvolk der Provinz galten. Dank ihrer wenig überzeugenden Geographiekenntnisse bemerkten die Senatoren später offenbar nicht, dass das Gebiet der Sequaner gar nicht an das Gebiet der Häduer grenzte, oder sie waren geblendet von den Ergebnissen der Kämpfe. Caesar jedenfalls meinte, eine Gefahr für die Narbonensis feststellen zu können und hatte nun endlich seinen Kriegsgrund gefunden. Ob eine Gefahr tatsächlich bestanden hat, ist in höchstem Maße zweifelhaft, da die Helvetier bisher stets eine Konfrontation mit Rom vermieden hatten. Doch Caesar konnte die Maske nun fallen lassen und sein bisheriger Verteidigungskrieg wurde zu einem Angriffs- oder Präventivkrieg.

Mit einer großen Streitmacht von sechs Legionen (eigentlich mehr als ihm zugestanden hätten) überquerte er am Zusammenfluss von Rhone und Saone die Flüsse und folgte dem helvetischen Treck, der mit Kind und Kegel unterwegs war. Caesar bewegte sich dabei sicherlich außerhalb der Legalität, schließlich hatte er selbst als Konsul ein Gesetz verabschiedet, nach welchem ein Prokonsul nur Krieg führen durfte, wenn er vom Senat dazu ermächtigt war. Später entschuldigte er dies mit der Notwendigkeit zum raschen Handeln angesichts der akuten Gefahr. Zuerst unternahm Caesar noch den Versuch, sein Handeln als legal darzustellen. Sein Verbündeter bei den häduischen socii hieß Diviacus, der schon 61 Rom besucht hatte. Als er damals um Hilfe gegen Ariovist gebeten hatte, war ihm nur wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden. Ganz anders jetzt, als die Helvetier immer noch keine Bereitschaft zeigten, sich mit den Römern zu raufen: Caesar instruierte Divciacus, einen Hilferuf im Namen seines Volkes zu formulieren, damit er endlich angreifen konnte. Als Gegenleistung unterstützte Caesar den Häduer gegen seinen Konkurrenten und Bruder Dumnorix. Die von den Häduern im Hilferuf beklagten Zerstörungen in ihrem Gebiet durch die Helvetier haben wohl nicht stattgefunden, da die friedlichen Helvetier sich selbst versorgten.

Caesar erwischte die Helvetier beim Überschreiten der Saone zwischen Lyon und Macon. Sie rechneten nicht mit einem Angriff, da sie den Römern schließlich ausgewichen waren, um Kämpfe zu vermeiden. Den noch nicht übergesetzten Teil des Volkes ließ Caesar sofort angreifen und fügte ihnen blutige Verluste zu. Die erschrockenen Helvetier schickten Gesandte und gingen nun sogar soweit, sich zu unterwerfen und in ihre Siedlungsgebiete zurückzukehren. Zähneknirschend formulierte Caesar Kapitulationsbedingungen für die erneut friedfertigen Helvetier, die diese kaum annehmen konnten (Unterwerfung, Reparationen, Geiseln).

Die Helvetier zogen weiter und Caesar verfolgte sie hartnäckig. Schließlich kam es zu dem von Caesar herbeigesehnten Kampf, bei dem beide Seiten einen hohen Blutzoll entrichteten. Dennoch war die Niederlage der Helvetier vollständig. Nach eigenen Angaben (bellum gallicum) waren die Helvetier mit 368.000 Menschen losgezogen, 110.000 ließ Caesar übrig. Die Zahlen sind sicherlich hoffnungslos übertrieben. Wenn man bedenkt, dass selbst die erfolgreichen germanischen Vandalen bei ihrer Eroberung der römischen Provinz Afrika 528/29 n.Chr. über kaum mehr als 80.000 Menschen und 20.000 Krieger verfügten, so dürfte sich das bei den Helvetiern nicht anders verhalten haben. Überhaupt war es nahezu unmöglich, ein größeres Volk durch das unwegsame Gelände zu führen, geschweige denn zu ernähren. Von den restlichen Helvetiern ließ Caesar nun aber ab (abgesehen von einem Teil, den er in die Sklaverei verkaufte). Sie wurden in ihren alten Gebieten als Verbündete angesiedelt und erhielten weitgehende kommunale Autonomie.

Nun wandte sich Caesar seinem zweiten Gegner in diesem ersten Kriegsjahr in Gallien zu, dem Germanen Ariovist. Wieder erscheint der Kriegsgrund fingiert. Erneut war es Caesars Vasall Diviciacus, der auf einem zu Ehren des Siegers einberufenen gallischen Landtages zuerst den Krieg gegen die Helvetier als gerechtfertigt bezeichnete und dann behauptete, die Sequaner und Häduer unter seinem Bruder Dumnorix hätten für einen Krieg gegen Rom den Germanen Ariovist um Hilfe gebeten. Dieser war auch tatsächlich gekommen und hatte die Gebiete der beiden Völker, die um Hilfe gebeten hatte, besetzt. Nun drohten weitere Germanen über den Rhein zu kommen. Das Hilfegesuch der befreundeten Häduer hatte allerdings einen kleinen Schönheitsfehler: Es kam, als Caesar schon gegen Ariovist im Felde stand.

Jener Ariovist und seine Sueben waren Caesar durchaus nicht unbekannt. Noch in seinem eigenen Konsulatsjahr hatte Caesar Ariovist zu einem „befreundeten König“ erklären lassen (schließlich war es den Römern sehr recht, wenn sich die Barbaren gegenseitig bekämpften, und Ariovist hatte seit 71 Kämpfe gegen die linksrheinischen Kelten geführt). Auch die Sequaner, die mit Ariovist zusammenarbeiteten, hatten um 61 Krieg geführt und ihren Lebensraum auf Kosten der Häduer vergrößert. Caesar beschloss nun, die mit ihm verbündeten Häduer zu verteidigen. Dem Senat nannte er als Kriegsgrund erneut, eine Bedrohung der Häduer wäre ebenso Bedrohung für das Gedeihen Roms und ein Krieg sei deshalb unerlässlich. Ebenso betonte er, man müsse der germanischen Gefahr jetzt entschlossen entgegentreten, solange man ihrer noch Herr werden konnte. Dass er damit vielleicht nicht ganz unrecht hatte, zeigte sich 500 Jahre später, als die hereinbrechenden Germanen das Weströmische Reich unterwarfen.

Caesar handelte schnell und eroberte im Handstreich Vesontio (Besancon), die Hauptstadt der Sequaner, da Ariovist angeblich ebenfalls eine Eroberung geplant hätte. Hier wurde Caesar zum ersten Mal mit einer Schwierigkeit konfrontiert, mit der er wohl kaum gerechnet hätte: Seine Truppen meuterten. Offenbar meuterten sie nicht wegen Caesars Person, sondern weil sie schreckliche Angst vor den Germanen hatten (der furor teutonicus, den die Kimbern und Teutonen bei ihren Einfällen von 114-102 so berühmt gemacht hatten, war noch in guter Erinnerung). Zuerst ersuchten die Militärtribunen und Präfekten, zumeist Freunde oder Protegés Caesars, aus Angst vor Kampfhandlungen um Urlaub, oder sie machten ihr Testament. Bald griff die Panik im ganzen Lager um sich und die Moral war auf dem Tiefpunkt. Caesar stellte sich persönlich vor sein Heer, beschimpfte die Feiglinge und erlaubte ihnen, nach Rom zurückzukehren. Er würde notfalls mit der X. Legion allein gegen die Bedrohung der Heimat ziehen. Das wollten die Soldaten der anderen Legionen nicht auf sich sitzen lassen. Die Meuterer besannen sich nach der rhetorisch und psychologisch geschickten Rede des Feldherren und schließlich zog man doch gegen die Germanen, was von Befürwortern Caesars als Beweis seines gewaltigen Charismas angesehen wird. Im übrigen ist nicht eindeutig geklärt, ob die Römer wirklich die Germanen fürchteten, oder ob sie vielleicht auch nicht an Caesars eigentlich illegalen Eroberungskrieg teilnehmen wollten. Die Soldaten waren wohl unzufrieden, da der Krieg wenig Beute zu versprechen schien und man nicht unbedingt gewillt war, für Caesars Expansionsgelüste den Kopf hinzuhalten. Wie auch immer, Caesar konnte die Meuterei beenden und in den Krieg ziehen.

Von Vesontio aus näherte sich Caesar dem germanischen Heer. Ariovist, der offenbar eine Konfrontation mit der starken römischen Armee fürchtete, schickte eine Friedensgesandtschaft. Erneut stellte Caesar kaum annehmbare Bedingungen und verlangte, Ariovist solle seine Eroberungen aufgeben und sich über den Rhein zurückziehen. Ariovist, der ja angeblich ein Freund des römischen Volkes war, glaubte, dass sein Siedlungsgebiet von den Römern anerkannt war und dass Caesar nicht im Sinne des Senats handelte. Dem war zwar wahrscheinlich so, aber die Geschichte wird vom Sieger geschrieben.

Caesar stellte Ariovist und die mit ihm verbündeten Völker: Haruder, Markomannen, Nemeter, Sedusier u.a. Es wurde ein Debakel für die Germanen, Caesar errang einen glanzvollen Sieg. Die Germanen ergriffen wohl schon nach kurzem Kampf die Flucht und wurden von den Römern erbarmungslos niedergehauen. Nach anderen Darstellungen allerdings (vor allem Caesars eigener) entwickelte sich ein heftiges Gefecht, in dem er selbst in vorderster Reihe focht und das lange auf der Kippe stand. Erst das Eingreifen der römischen Reiterei unter Publius Crassus, dem Sohn des Triumvirs, brachte die endgültige Wende und damit den Sieg. Ariovist selbst entkam den Römern, von nur wenigen Gefährten begleitet.

Caesar konnte zwei erfolgreiche Kriege nach Rom melden, schickte seine Truppen in die Winterquartiere und begab sich selbst in seine Provinz Gallia Citerior in der Po-Ebene, wo er Gericht hielt, aber auch näher an Rom war. So konnte er dann auch allerlei Besuch aus Rom empfangen und wieder war es ihm scheinbar egal, wer da kam und ihn um einen Gefallen bat. Im Blick auf seine Karriere erfüllte er wieder einmal jedem zwielichtigen Subjekt seine Wünsche, da er sich für den in der Zukunft liegenden Machtkampf in Rom jedwede Unterstützung sichern wollte.

Im zweiten Kriegsjahr wandte sich Caesar den Belgern zu, was seine Pläne nun eindeutig enthüllte. Nachdem er also die Germanen über den Rhein zurückgedrängt hatte, ging er nun daran, sein Interessengebiet Gallien gegen weitere Einfälle zu sichern und machte den Rhein zur neuen Grenze. Dafür musste er die Völker unterwerfen, die an dem Fluss ansässig waren. Und das waren, zu ihrem Unglück, die Belger.

Diese waren allerdings gewarnt. Sie beriefen im Frühjahr 57 eine Versammlung ein, bei der sie sich zu einem Verteidigungsbündnis zusammenschlossen. Caesar drehte den Spieß um und sprach erneut von einer Bedrohung Roms durch den Zusammenschluss. Damit machte er die Belger, die sich gegen ihn verteidigten, zum Aggressor. Geschwind nutzte Caesar auch den Vorwand, um weitere Legionen in der Cisalpina auszuheben, mittlerweile die XIII. und XIV. Ohne Erlaubnis des Senats hatte Caesar damit die ihm zugestandene Truppenstärke verdoppelt.

Im Frühsommer 57 sammelte Caesar in Vesontio eine Armee von 40.000 Mann, mit der er ins nördliche Gallien zog. Die Remer, die ursprünglich zur belgischen Koalition gehört hatten, wechselten die Seite und empfingen Caesar mit offenen Armen. Das war ein sehr geschickter Schachzug, denn später würden die Remer dafür von Caesar bevorzugt werden, und außerdem hatten sie sowieso gerade Stress mit den Anführern der belgischen Koalition, den Suessionen. Dennoch mussten sie für diesen Schritt zuerst einmal Prügel hinnehmen. Die restlichen Belgerstämme fielen in ihr Land ein und eroberten ihre Hauptstadt Bibrax. Caesar stellte das Koalitionsheer zwar, vermied jedoch ein große Schlacht. Nach Caesars Angaben verfügten die Belger über 300.000 Mann, was sicherlich maßlos übertrieben ist.

Die Belger hatten im Gegensatz zu Caesar allerdings keinen funktionierenden Nachschub; aufgrund ihrer mangelhaften Versorgung lösten sie sich auf und flüchteten in ihre Stammesgebiete. Caesar nutze seine Chance und verfolgte die Flüchtenden gnadenlos. Ergebnis seiner Verfolgungsjagd war die rasche Unterwerfung der Suessionen, der Bellovaker und Ambianer. Es blieben nur noch die Nervier übrig, die den offenen Kampf mit ihm wagten.

Der mächtigste Belger-Stamm traf mit seinem Heer (etwa gleichstark wie das römische) in einem Sambre-Tal bei Maubeuge auf Caesar. Die Nervier brachen aus den Wäldern hervor und überraschten die Römer, die bald in großer Bedrängnis waren. Caesar ergriff persönlich einen Schild und kämpfte Seite an Seite mit seinen Soldaten gegen die wilden Kelten. Sein mutiger und dynamischer Einsatz verhinderte offenbar eine schnelle Niederlage, und nach dem verspäteten Eintreffen der XIII. und XIV. Legion wurde aus der Schlacht ein großer Sieg für Caesar. Die Nervier, die schreckliche Verluste hinnehmen mussten, unterwarfen sich. Caesar nahm ihre Unterwerfung an und gewährte den Überlebenden sogar Schutz.

Gegen die übrigen Belger führte Caesar den Krieg in aller Härte weiter. Im Spätsommer belagerte er die Hauptstadt der Aduatuker. Diese fühlten sich sicher vor den römischen Legionen, da ihre auf einem Berg gelegene Hauptstadt als uneinnehmbar galt. Caesar schätzte die Lage wohl anders ein, denn er begann sofort mit einer Belagerung der Stadt, ließ sie von Wällen einschließen und Belagerungstürme und Rammböcke bauen. Die Aduatuker, die den Gegner zuerst verlacht hatten, boten die Kapitulation an. Caesar verlangte, dass sie alle ihre Waffen über die Stadtmauern werfen sollten. Als das nur zum Teil geschah, ließ Caesar tags darauf die Stadt stürmen und verwüsten. Die Überlebenden (nach Caesar 53.000) ließ er als Sklaven verkaufen.

Während des Feldzuges gegen die Belger hatte der von Caesar entsandte Publius Crassus in der Normandie und der Bretagne ebenfalls erfolgreich gegen die Kelten gekämpft und mehrere Völker unterworfen. Damit war Gallien in Caesars Augen befriedet und in römischer Hand. Das meldete Caesar im Herbst 57 auch so nach Rom. Seinen Herrschaftsanspruch in Gallien machte Caesar dadurch deutlich, indem er seine Legionen in den besetzten Gebieten des ehemals freien Gallien ihre Winterquartiere beziehen ließ. Nach Angriffen der dort siedelnden Stämme mussten sich die Truppen jedoch teilweise wieder in römische Gebiete zurückziehen. Caesar selbst reiste nach Oberitalien und zum erstenmal auch nach Illyricum.

In Rom feierte man Caesar, gewährte ihm sogar ein fünfzehntägiges Dankesfest, was mehr war, als jeder andere vor ihm je erhalten hatte. Dennoch sollte sich die Lage für ihn in Rom bald verschlechtern. Schuld daran war vor allem Publius Clodius, der sich wie ein Hooligan aufführte, anstatt Caesars Anweisungen einfach zu befolgen. Er bewaffnete eine Bande und zog mit dieser pöbelnd durch Rom. So weit waren die Zustände in Rom schließlich gekommen, es herrschte nahezu Anarchie. Der Senat und die Konsuln waren nicht fähig, Ruhe und Ordnung herzustellen. Um diesem traurigen Alltag zu entkommen, wurden Caesars Erfolge besonders begeistert aufgenommen, obwohl sie durch zahlreiche Gesetzesverstöße zustande gekommen waren. Endgültig anerkannt war Caesar damit allerdings noch nicht.

Der Terror des Clodius steigerte sich, als Cicero aus seinem Exil zurückkehrte, wohin er sich aufgrund der Anklage wegen der angeblich unrechtmäßigen Hinrichtung der Catiliniarier hatte zurückziehen müssen. Zu allem Übel kam es im Herbst 57 vermehrt zu Hungerrevolten, denn die Versorgungslage in Rom war katastrophal. Pompeius erhielt ein außerordentliches Kommando, um Lebensmittel zu beschaffen. In dieser Zeit rückte Pompeius offenbar von Caesar ab, stellte seine offene Unterstützung ein und ließ seine Protegés sogar Gesetzesvorschläge gegen ihn einbringen. Er selbst hielt sich vornehm zurück, womit er sich wieder einmal jeder Verantwortung entzog. Auch Pompeius‘ Verhältnis zu Crassus, dem dritten Triumvir, zerbrach, da Crassus sich selbst große Hoffnungen auf Pompeius‘ außerordentliches Kommando gemacht hatte. Die Vertreibung des Ägyptischen Königs Ptolemaios XII. „Auletes“, des berühmten Oboenspielers, tat ein Übriges, denn Crassus hatte sich erneut ein militärisches Kommando für Ägypten gewünscht. Cicero, der nach seiner Rückkehr zuerst vorsichtig war, wurde mit optimatischer Unterstützung wieder zunehmend mutiger und griff die von Caesar initiierten Gesetze des Vatinius heftig an.

In dieser prekären Situation zeigte sich erneut das Genie und der Einfallsreichtum Caesars. Er brachte es tatsächlich zustande, ein Treffen der Triumvirn in Luca (heute Lucca) zu organisieren, bei dem sich nebenbei auch noch etliche Senatoren einfanden. Damit trafen sich die verfeindeten Verbündeten im Machtbereich Caesars, er wurde zum Macher ihrer Einigung. Alle Abstimmungen betrafen natürlich die römische Politik und zeigten, wie sehr diese drei Mächtigen die Zügel in der Hand hielten.

In diesem zweiten Triumvirat im Jahre 55 wurde beschlossen, dass Crassus und Pompeius Konsuln werden sollten. Die Wahlen für das Amt sollten auf den Herbst 56 verschoben werden, um die Wahl durch beurlaubte Soldaten Caesars zu sichern. Sowohl Pompeius als auch Crassus sollten anschließend Prokonsulate erhalten, die dem Caesars gleichkamen. Pompeius sollte Spanien erhalten, Crassus Syrien und zusätzlich ein außerordentliches Kommando für einen Krieg gegen die Erben des Seleukidenreiches, die Parther. Caesars Prokonsulat sollte verlängert werden, so dass er nach zehn Jahren nach Rom zurückkehren und wieder für das Konsulat kandidieren konnte.

Die Triumvirn setzten sich durch und erneut fiel auch Cicero, eigentlich die einzige Waffe der Optimaten, um. Auf der von ihm selbst beantragten Senatsdebatte zur Abänderung des Caesarischen Agrargesetztes erschien er nicht. Etwas später unterstützte er den Antrag, dass die Staatskasse die Kosten der von Caesar unrechtmäßig ausgehobenen neuen Legionen (mittlerweile waren es 4) tragen sollte. Schließlich unterstützte er die von den Triumvirn geplante Verteilung der prokonsularischen Provinzen. Offenbar brachte ihn die Furcht vor einer erneuten Verbannung zum Einlenken.

Caesar selbst begab sich nach dem Treffen in Luca rasch wieder nach Gallien, denn hier galt es, die eroberten Provinzen zu sichern. Er selbst zog mit einem Teilheer gegen die Aufständischen Veneter und entsandte weitere Teilheere nach Aquitanien (unter Publius Crassus) und in die Normandie.

Die Veneter waren ein wehrhaftes Seefahrervolk, ansässig in der Bretagne. Caesar verfolgte sie hierher, konnte jedoch ihre Küstenstädte, die in felsigen Bereichen lagen, nicht gut angreifen oder belagern. Wenn ihm eine Eroberung gelang, zogen sich die Veneter auf ihre hochseetüchtigen Koggen zurück.

Caesar bewies Flexibilität und Einfallsreichtum. Aus dem Nichts ließ er eine Flotte requirieren oder erbauen und sie in ihrer Takelage mit schwenkbaren Sicheln ausrüsten. So stellte er in der Bucht von Quiberon (wo auch die Engländer 1759 einen glanzvollen Seesieg gegen die Franzosen erkämpfen würden) die überraschten Veneter. Von Land aus beobachtete er die Seeschlacht und konnte sich am Erfolg seiner Taktik erfreuen: Die venetischen Koggen wurden durch die Sichelvorrichtungen, welche die Takelage der Schiffe zerriss, manövrierunfähig gemacht und sogleich geentert, dann machten die römischen Truppen den Gegner erbarmungslos nieder. Nach der vollständigen Niederlage kapitulierten die Veneter. Caesar statuierte ein Exempel, ließ die Anführer des Aufstandes hinrichten und die Überlebenden als Sklaven verkaufen.

Ein weiterer Feldzug in das Gebiet der Moriner (in Flandern) brachte ihm allerdings nur kalte Füße, denn die Moriner versteckten sich in den Wäldern und Sümpfen. Seine Füße mögen sich erwärmt haben, als er erfuhr, dass Publius Crassus erfolgreich eine Schlacht gegen die hartnäckigen Aquitanier bestanden hatte und auch die Normandie befriedet wurde. Ansonsten verlief das Jahr recht ereignislos und trug zur Konsolidierung der Eroberungen bei.

Spätestens in diesem Jahr müssen wir bei Caesar eine Veränderung persönlicher Natur konstatieren. Es stellt sich nämlich die Frage, wie der verwöhnte, weichliche römische Lebemann – der oft kränkelte – die harten Kriegszüge in Gallien durchhielt. Offenbar stellte Caesar seinen aufwendigen Lebensstil um und lebte wie ein neuer Mensch, äußerst genügsam. Trotz seines schwächlichen Körpers ertrug er alle Mühen, die er seinen Soldaten auferlegte, auch selbst. In der Schlacht focht er mutig in der ersten Reihe und verzichtete des öfteren auf sein Pferd, um Seite an Seite mit den Soldaten zu stehen. Als einer seiner Gefährten, Oppius, erkrankte, verzichtete er auf die einzige verfügbare Hütte und übernachtete unter freiem Himmel. In Notzeiten teilte er die erbärmlichen Rationen seiner Männer, die ihn dafür verehrten. Sein weiches Gesicht soll in dieser Zeit hart geworden sein. Manche Autoren sagen ihm nach, dass er die in dieser Zeit angewöhnten militärischen Eigenheiten eines Feldherren nie wieder ablegte, und dass seine Politik später davon maßgeblich beeinflusst wurde.


Aus dem dekadenten Genussmensch Caesar wurde im Gallischen Krieg ein enthaltsamer und erfolgreicher Feldherr.
Im Jahre 55 bekleideten Pompeius und Crassus in Rom das Konsulat und setzten alles durch, was sich die Triumvirn vorgenommen hatten. Das gelang ihnen allerdings nur durch den Einsatz terrorisierender Mörderbanden. Cicero wandte sich angewidert von der Politik ab und kam zu einem eher freundschaftlichen Verhältnis zu Caesar, welches freilich später wieder abkühlen sollte. Nach seinem Konsulat brach Crassus nach Syrien auf und führte den geplanten Krieg gegen die Parther. Dieser brachte ihm jedoch kein Glück: Bei Carrhae erlitt er 53 eine vernichtende Niederlage; sein Kopf und seine Hände wurden am parthischen Hof zur Belustigung herumgereicht. Auf diese Art und Weise verabschiedete sich Crassus, der ehemalige Finanzier Caesars, aus dem Kreis der Mächtigen.

Caesar, der zu Beginn des Jahre 55 eine Heerfahrt nach Britannien geplant hatte, wurde plötzlich mit einer neuen Gefahr konfrontiert, der er mit drakonischen Mitteln entgegentrat. Die germanischen Usipeter und Tenkterer drängten unter suebischen Druck in das Land der Belger. Sofort rückte Caesar an, um die Rheingrenze zu halten. Die beiden Stämme entsandten Gesandtschaften, die um Frieden und um Zuteilung von Siedlungsgebieten baten. Caesar lehnte ab und riet den Völkern, sich mit den rechtsrheinischen romfreundlichen Ubiern zu einigen. Es kam jedoch zu einem Geplänkel, wobei germanische Reitertruppen überlegene römische Verbände aus dem Felde schlugen.

Als die Usipeter und Tenkterer erneut eine Gesandtschaft schickten, statuierte Caesar rücksichtslos ein Exempel an ihnen, denn er war nicht im geringsten bereit, über die Rheingrenze zu diskutieren. Er setzte die Gesandtschaft gefangen und griff die in ihren Wagen lagernden Germanen mit voller Heeresmacht an, wobei er sie nahezu völlig auslöschte. Er selbst spricht von 430.000 Toten. Die Gesandtschaft ließ er nach diesem Genozid wieder frei.

Später im Jahr wurde ein zwanzigtägiges Dankesfest für Caesar im Senat beantragt, für die Rettung vor der germanischen Gefahr. Es gab jedoch auch kritische Stimmen, und Cato verlangte sogar, Caesar für seinen Frevel den Germanen auszuliefern. Catos Forderung, sicherlich auch politisch motiviert, blieb jedoch erfolglos, denn Caesar konnte seinen Ruhm mit zwei weiteren Aktionen beträchtlich vergrößern. Um den Germanen zu zeigen, dass sie in ihrer rechtsrheinischen Heimat nicht sicher vor ihm waren, ließ er im Neuwieder Becken eine Brücke über den Rhein schlagen, ein antikes Meisterwerk aus Holz, erbaut in zehn Tagen, etwa zehn Meter breit und vierhundert Meter lang. Der Rheinübergang, der Roms Macht auch in der germanischen terra incognita demonstrierte und in Rom mit Beifall aufgenommen wurde, war allerdings eher symbolischer Natur. Die geplante Strafexpedition gegen die Sugambrer fiel ins Wasser, denn diese flüchteten in die Wälder. Nach wenig mehr als drei Wochen nutzloser Verfolgung zog sich Caesar zurück, wobei er die Brücke zerstören ließ.

Doch der abenteuerlustige Prokonsul hatte noch einen Trumpf im Ärmel: Mit einer Flotte von ca. 100 Schiffen, die er im Frühjahr hatte erbauen lassen, setzte er zum noch ferneren Britannien über, was für seine römischen Mitbürger wie ein Vorstoß an das Ende der Welt wirkte. In Britannien selbst kam es nur zu vereinzelten Kampfhandlungen mit dem Ziel, britische Hilfslieferungen an die gallischen Kelten zu unterbinden. Im großen und ganzen war das Unternehmen nur als Erkundungsausflug für die Eroberung im folgenden Jahr geplant.

Caesar reiste Ende des Jahres in seine italische Provinz und musste in Illyrien gegen die räuberischen Piruster kämpfen, die sich alsbald unterwarfen. Ansonsten geschah wenig Interessantes, nur dass sich Caesars Ankunft in Gallien bis Juni 54 verzögerte. Nach seiner Ankunft musste er bald feststellen, dass er den Galliern noch längst nicht den letzten Zahn gezogen hatte, denn diese erwiesen sich widerstandsfähiger, als es Caesar von ihnen erwartet hätte. Ein erstes Signal dieses wiedererwachten Kampfgeistes nach zwei Jahren relativer Ruhe war ein regional beschränkter Aufstand der Treverer, die Caesar schnell unterwerfen konnte. Bei seiner zweiten Heerfahrt nach Britannien dürfte er aber ein sehr ungutes Gefühl gehabt haben.

Überhaupt stand diese Mission unter einem ungünstigen Stern. Der eigentlich verbündete, aber seit jeher widerspenstige Häduerfürst Dumnorix entfernte sich mit seinen Reitertruppen unerlaubt von der Invasionsarmee und verfluchte das römische Joch. Caesar nahm die Gelegenheit dankbar wahr, Dumnorix endlich aus dem Weg zu räumen, doch muss ihm auch bewusst geworden sein, wie sehr es in der keltischen Bevölkerung brodelte.

Caesar setzte mit fünf Legionen und einer gewaltigen Flotte nach Britannien über (600 Handelsschiffe waren in seinem Gefolge, um die erwarteten Erzfunde, die Kriegsbeute und vor allem Sklaven zu transportieren). Die Britannier flohen offenbar schon beim Anblick der Flotte und der gelandete Caesar, der sein Empfangskomitee wahrscheinlich vermisste, musste feststellen, dass Britannien ein eher karges Land war, in dem seine Bewohner ein ärmliches Leben fristeten. Dennoch stieß Caesar, den so schnell nichts verdrießen konnte, bis über die Themse vor, besiegte einen britannischen König namens Cassivellaunus und eroberte dessen Stadt. Die Britannier versprachen Tributzahlungen, aber sobald Caesar nach Gallien zurückgekehrt war, kamen sie ihrer Verpflichtung nicht mehr nach. Mit Caesar gingen auch die sicherlich enttäuschten Händler, denn in Britannien gab es im Gegensatz zum recht reichen Gallien kaum etwas von Wert.

Nach seiner Rückkehr nach Gallien erreichte Caesar die Nachricht vom Tod seiner Tochter Julia und nicht viel später auch vom Tod seiner Mutter; seine Position in Rom war damit erheblich schlechter (Julia war die Frau des Pompeius gewesen). Dennoch war es ihm nicht möglich, in seine italische Provinz Cisalpina abzureisen, denn die Anzeichen für einen gallischen Aufstand verdichteten sich. So ermordeten die Karnuten ihren von Caesar eingesetzten König Tasgetius, und bald erhoben sich die Eburonen zur offenen Rebellion. Caesars Legionen lagen bereits in ihren Winterlagern, verteilt über ganz Gallien. Der gewiefte Eburonenfürst Ambiorix überredete unter einem Vorwand die in seinem belgischen Gebiet stationierten 15 römischen Kohorten zu einer Verlegung. Die Legaten Sabinus und Cotta gingen darauf ein und wurden mit ihrem Tross von Ambiorix‘ Truppen überfallen und komplett aufgerieben. Das war die schwerste Niederlage römischer Verbände im bisherigen Kriegsgeschehen.

Nun erhoben sich unter Ambiorix‘ Leitung auch die Nervier und Aduatuker (nebst kleineren Stammesverbänden) und griffen das Winterlager des Quintus Cicero (Bruder Ciceros) im Nervier-Gebiet an, der nur mit Mühe standhalten konnte. Mit einer gewaltigen Energieleistung rückte Caesar in Eilmärschen mit zwei Legionen an und es gelang ihm, die Belagerten zu entsetzen und die Gallier zu verjagen. Ganz in der Nähe konnte sich der ebenfalls in Bedrängnis geratene Labienus (Legat Caesars) durch eine Schlacht der Treverer entledigen.

Anfang 53 hob Caesar zwei neue Legionen in Oberitalien aus, eine weitere wurde ihm von Pompeius zur Verfügung gestellt. Somit verfügte er über eine gewaltige Streitmacht, um den Aufstand der Belger zu beenden. Noch bevor der Winter zu Ende ging, fiel Caesar mit 4 Legionen ins Land der Nervier ein und unterwarf sie zum zweiten Mal. Den Ambiorix gedachte er durch die Unterwerfung der zu ihm übergelaufenen Stämme zu schwächen. Nach einem gallischen Landtag Caesars in Lutetia (Paris) zog er gegen die nicht erschienenen Gallierstämme. In Eilmärschen führte er sein Heer in das Land der Senonen und Karnuten, die sich kampflos ergaben. Die Treverer wurden erneut durch Labienus geschlagen und unterwarfen sich. Das gleiche Schicksal erlitten die Menapier durch Caesar, als dessen Heer in ihre waldreiche Heimat einrückte.

Caesar demonstrierte erneut Stärke und überschritt zum zweiten Male den Rhein. Die angerückten Sueben zogen sich zurück und Caesar verließ Germanien wieder, ließ zur Warnung die erbaute Brücke unter der Bewachung einiger Kohorten dieses Mal aber stehen.

Nun endlich konnte Caesar seine Rache für die Vernichtung 15 römischer Kohorten vollziehen. Mit voller Heeresmacht verwüstete er das eburonische Land, wobei er das Volk nach eigenen Angaben ausrottete. Ambiorix aber entkam, auch wenn er seine Bedeutung für immer verloren hatte. Der Senonefürst Acco hatte das Pech, in Caesars Hände zu fallen.

Nachdem einige Germanenstämme Q. Cicero in seinem Lager angegriffen hatten, kehrte Caesar zurück in das Land der Aduatuker, woraufhin sich die Germanen eilig zurückzogen. Caesar berief im Herbst einen Landtag in Durocortorum (Reims) ein, auf welchem er Fürst Acco auspeitschen und köpfen ließ. Daraufhin verließ er Gallien und ging nach Oberitalien, offenbar im Glauben, die Kelten befriedet zu haben. Wie sehr er sich irrte, musste er im folgenden Jahr feststellen, als die Kelten ihn zum ersten Mal an den Rande der Niederlage brachten.

Wieder begann das Jahr mit einem unglücklichen Omen: Caesars Vasall Clodius wurde entweder im Dezember 53 oder im Frühjahr 52 ermordet. Dies schwächte Caesars Position in Rom entscheidend, und die „Barbaren“ erwiesen bemerkenswerte Einsicht in die römische Politik, glaubten sie doch, den idealen Zeitpunkt für eine Koalition gegen den bedrängten Caesar gefunden zu haben. Doch trotz der gefährlichen Situation steckte der nicht auf, sondern stellte sich dem Gegner, der niemals zuvor so stark war.

Im Frühling 52 stürmten die Karnuten ihre eigene Hauptstadt Cenabum (Orleans) und erschlugen dort jeden Römer, den sie fanden. Das war das Signal für einen gemeinsamen Aufstand, den der junge und hoffnungsvolle Arvernerkönig Vercingetorix schon länger vorbereitet haben muss. Es gelang ihm, die verfeindeten gallischen Stämme weitgehend in einer Koalition zu vereinigen und seinem Oberbefehl zu unterstellen.

Caesar traf im Februar/März in Narbo (Narbonne) ein und wurde durch das Koalitionsheer von einem großen Truppenteil in gallischen Winterlagern abgeschnitten. Er handelte rasch und bedenkenlos: Mit einem kleinen Kampfverband überschritt er die verschneiten Cevennen und verwüstete das Gebiet der Arverner, Cenabum wurde erobert und zur Strafe gebrandschatzt. Außerdem gelang es Caesar, sich mit seinen Truppen zu vereinigen. Vecingetorix verhielt sich taktisch unklug und griff Caesar nicht an. Er verfolgte konsequent die Strategie der verbrannten Erde. Jedes Gehöft, jedes Dorf und jede Stadt, in der die Römer Nahrung zu finden hofften, sollte vernichtet werden, Felder und Gärten mussten dem Erdboden gleich gemacht werden, um die Römer zu stoppen. Sein Vorgehen zeigte zuerst Wirkung, denn bei den römischen Truppen, die durch den Nahrungsmangel und das nasskalte Wetter entmutigt waren, sank die Moral. Caesar – der Psychologe – stellte seinen Legionen den Abzug frei. In ihrer Ehre getroffen, lehnten die Truppen ab und die Moral war wieder hergestellt.

Caesar belagerte die befestigte Hauptstadt der Biturigen, Avaricum (Bourges), eine der wenigen Städte, bei der Vercingetorix eine Ausnahme gemacht hatte und sie auf Flehen der Bevölkerung nicht hatte niederbrennen lassen. Nachdem die Stadt im Mai 52 gefallen war (dank der überlegenen römischen Belagerungstechnik und Pionierarbeit) hatte das für den Gallierführer eine gute und eine schlechte Seite: Da Caesar die Bevölkerung durch seine Soldaten hinmetzeln ließ (von 40.000 überlebten angeblich nur 800), rückten die Gallier enger an Vercingetorix, erkannten seine Fähigkeiten und stellten sich von nun an endgültig hinter ihn und seine Strategie. Doch hatte Caesar sein Versorgungsproblem kurzzeitig gelöst und die erste Möglichkeit, ihn zu verjagen, war vertan worden.

Caesar mischte sich nun erneut in die Machtkämpfe unter den Häduern ein, mit den Remern und den Treverern einer der wenigen gallischen Stämme, die nicht zur Koalition unter Vercingetorix gehörten, und brachte seinen Favoriten auf den Thron. Sein Heer teilte er und entsandte Labienus mit vier Legionen gegen die Senonen und Parisier. Mit dem Restheer zog er gegen Gergovia, die Hauptstadt der Arverner.

Vercingetorix erwies sich während der Belagerung als geschickter Heerführer. Noch immer mied er die offene Konfrontation, fügte dem Belagerungsheer immer wieder kleinere Nadelstiche zu. Dazu schürte er im Hintergrund Unruhe unter den häduischen Hilfsverbänden in Caesars Heer und ebenso in deren Stammland. Hier brach nun auch bald eine anti-römische Revolte aus. Caesar setzte sich sofort in Marsch, um das Land des wichtigen Verbündeten zu befrieden. Als er zurück kehrte, hatte sich die Lage für ihn keinesfalls gebessert. Noch immer war Gergovia dank seiner festungsähnlichen Anlage auf einem Berggipfel so gut wie uneinnehmbar, und Vercingetorix fügte ihm durch seine Guerillataktik herbe Verluste zu. Caesar persönlich hatte also seine erste bittere Niederlage erlitten und brach die Belagerung erfolglos ab. Daraufhin sagten sich die Häduer endgültig von ihm los. Labienus, der von der Niederlage bei seinem Zug auf Lutetia hörte, brach den Marsch ab, um nicht von Caesars Verbänden abgeschnitten zu werden, und vereinigte sich wieder mit Caesar.

Vercingetorix hatte nun Oberwasser. Auf einem eilig einberufenen Landtag wurde er als Oberbefehlshaber bestätigt, und tatsächlich standen die Chancen noch nie so gut, die Römer aus Gallien zu vertreiben.

Caesar befand sich auf dem Rückzug in der Nähe von Dijon, als Vercingetorix die erfolgreiche defensive Taktik aufgab und zur Offensive überging, nachdem er sein Heer bei Alesia gesammelt hatte. Warum der bisher so besonnene Anführer dieses Risiko plötzlich einging, ist unbekannt. Vielleicht hatten seine kriegerischen Kelten im Sommer 52 genug vom untätigen Abwarten und forderten ihren Anführer zur offenen Konfrontation mit dem doch schon geschlagenen Gegner auf. Vielleicht wurde der junge Arverner auch selbst ungeduldig.

Seine berittenen Truppen trafen auf Caesars Reiterei, die größtenteils aus angeworbenen Germanen bestand, und erlitten trotz zahlenmäßiger Überlegenheit eine erbärmliche Schlappe. Vercingetorix beging den absolut tödlichen Fehler, sein begonnenes Werk nicht zu vollenden. Anstatt Caesars demoralisierte Truppen mit seiner zahlenmäßigen Überlegenheit zu erdrücken, erlaubte er sich nach der Niederlage seiner Reiter den Luxus des Rückzuges. Nun war die Initiative an Caesar zurückgefallen, welcher seinerseits nicht einen Moment zögerte. Als er hörte, dass sich Vercingetorix nach Alesia zurückgezogen hatte, gab er den sofortigen Befehl zur Umkehr und schloss den Arverner in Alesia ein. Diesem gelang es kurz vorher, ein Hilfsgesuch an die Koalitionspartner auf den Weg zu bringen.

Caesar vollbrachte nun eines seiner größten militärischen Meisterwerke, denn er überstand eine Belagerung während einer Belagerung, wobei sowohl das Heer, das er in Alesia belagerte, als auch das anrückende Koalitionsheer jeweils größer als das seinige war. Vercingetorix verfügte über ca. 80.000 Mann, während die herbeieilenden Gallier wesentlich zahlreicher gewesen sein müssen (250.000?). Caesar wird kaum über mehr als 50.000 Mann verfügt haben.

Er erschuf trotz wiederholter Ausbruchs- und Störversuche der Eingeschlossenen ein Belagerungswerk, welches einem Kunstwerk gleichkam. In nur einen Monat trieb Caesar seine Soldaten dazu an, Alesia mit einer 17 Kilometer langen Befestigung (Wall und Graben) einzuschließen. Da er die Bedrohung durch die anrückenden Verbündeten des Vercingetorix kannte, ließ er einen weiteren 21 Kilometer langen Wall aufwerfen, befestigt mit Türmen, Wassergräben, Fallgruben, Palisaden, Fußangeln und Bodenhindernissen.

Als das Entsatzheer eintraf, wurden die Belagerer dann selbst zu Belagerten. Es kam zu viertägigen äußerst heftigen Gefechten, bei denen die Gallier wiederholt versuchten, Caesars Befestigungen zu erstürmen. Dennoch hielten die Bollwerke, in einem Monat errichtet, stand. Nur einmal durchbrachen gallische Reiter die Mauern, wurden jedoch durch heftige römische Gegenwehr unter Labienus und einen tollkühnen Reiterangriff Caesars persönlich, der seine Reiterei um das gallische Koalitionsheer herumgeführt hatte, zurückgeworfen. Schließlich brachen die enttäuschten Gallier die Belagerung ab, und Vercingetorix, dessen Truppen dem Verhungern nahe waren, ritt zu Caesar und ergab sich. Schon vorher hatte er die Bevölkerung Alesias vor die Tore in den römischen Belagerungsring schicken müssen, da er sie nicht mehr ernähren konnte. Auch die Römer konnten die Bevölkerung nicht verpflegen, weshalb sie kläglich auf dem Schlachtfeld verhungerte. Vercingetorix wurde gefangengenommen und würde bei Caesars Triumphzug durch Rom in sechs Jahren schließlich hingerichtet (erdrosselt) werden.

Doch war der Kampfeswille der Gallier war immer noch nicht vollständig gebrochen, weshalb sich Caesar im Jahre 51 (nachdem er in Bibracte überwintert hatte) zu mehreren Strafexpeditionen gezwungen sah. So unterwarf er die widerspenstigen Karnuten endgültig, ebenso wie die Bellovaker und Atrebaten. Um Ambiorix zu schwächen, verwüstete er erneut das Land der Eburonen. Das alles ereignete sich von Mai bis Juni, im Sommer war die Zeit von Caesars Unterfeldherren angebrochen. C. Fabius und C. Caninius besiegten den Anden Dumnacus vor Lemonum (Poitiers). Fabius besiegte dann nochmals die Karnuten und weitere Küstenvölker. Caninius, später Fabius und Caesar selbst belagerten schließlich die letzte Hochburg der Karnuten, Uxellodunum. Nach der Eroberung bewies Caesar grausamen Großmut: Zwar ließ er den Belagerten das Leben, aber sie wurden verstümmelt: Jedem wurde die rechte Hand als warnendes Beispiel abgeschlagen. Gleichzeitig besiegte Labienus wieder einmal die Treverer.

Damit waren die Kriegshandlungen in Gallien nahezu endgültig beendet. Caesar überwinterte in Nemotecenna (Arras) und beruhigte im Jahre 50 das Land. Der Krieg hatte wohl mehr als eine Million Menschenleben gekostet und Gallien wirtschaftlich und militärisch ausgeblutet. Widerstand gegen Rom würde auf Jahrzehnte nicht möglich sein, und bis dahin war die keltische Bevölkerung schon romanisiert. Was Caesar schon 56 nach Rom gemeldet hatte, war erst jetzt wahr geworden: Gallien war befriedet.

Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung Galliens zwischen 4-8 Millionen Kelten, die sich in etwa 20 Grosstämme und 40 kleiner Stämme aufteilten, gelang es Caesar nach eigenen Angaben 1.192.000 Gegner zu erschlagen. Ein weiterer großer Teil wurde versklavt. Doch nun musste Caesar wieder seine ganze Aufmerksamkeit auf Rom richten, denn dort war seine Position mittlerweile unhaltbar, wenn er sich nicht dazu entschied, militärisch zu intervenieren.


Christian Ilaender, November 1996. Korrigiert und verbessert von Peter Mühlan, Januar 2003.


Caesar


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